Was essen Kanadier – Teil 3

von Peter Iden

FIDDLEHEADS 03LACHSE
Lachse sind zahlreich in Kanada, und es gibt kaum etwas, das mehr delikat ist, als das Fleisch eines freischwimmenden Lachses von der Pazifik-Küste von Kanada und Alaska. Aber das “richtige” Lachsfleisch ist sehr teuer und sehr schwer zu bekommen.
Die Lachs-Industrie der Welt (inklusive Kanada) ist heutzutage wegen der extrem hohen Nachfrage fast 100 % auf Lachsfarmen eingestellt. Was man in den Supermarkets findet ist daher nur “Farmlachs” von Atlantik-Lachsen. Selbst das Lachsfleisch aus British Columbia besteht oft aus Atlantik-Lachsen, weil diese leichter zu farmen sind als die Pazifik-Lachse.

Wenn man tatsächlich spezifisch “wildes” Pazifik-Lachsfleisch bekommen kann, dann kommt dieses von Lachsen, die ihre ersten Lebensjahre in Farmnetzen verbrachten, dann als junge Fische freigesetzt und als erwachsene Fische wieder eingefangen wurden.
Die Lachs-Industrie, als ein Multi-Milliardengeschäft ist selbstregulierend, und das ist katastrophal, denn eine solche Industrie beherrscht sämtliche Tricks, und kann die Gesetze und die Angaben korrekter Herkunftsquellen leicht manipulieren. Das passiert in vielen Geschäftszweigen genau so.
Ich hatte bereits in 2011 über die Lachse in Kanada im KanadaSpezialist geschrieben, und es hat sich auf diesem Gebiet seitdem nichts geändert:
https://www.kanadaspezialist.com/2011/02/22/tierwelt-kanada-die-lachse-teil-1/3679/
https://www.kanadaspezialist.com/2011/03/06/tierwelt-kanada-die-lachse-teil-2/3692/

SENF:
Kaum jemand weiß, dass Kanada das zweitgrößte Anbauland von Senfsaat ist. Die meisten Senfproduzenten der Welt, inklusive des welt- berühmten Burgunder “Dijon-Senf” in Frankreich, benutzten kanadische Senfsaat als Basis für ihre Produkte. Kanadier und Amerikaner ziehen allerdings ihren geliebten milden gelben Senf vor, obwohl der braune Dijon-Senf auch in Kanada und den USA von der Firma Kraft produziert wird.
Drei der 40 weltweiten Sorten von Senfpflanzen wachsen in Kanada, hauptsächlich in den Prärie-Provinzen Alberta und Saskatchewan: gelb (milde); braun (heiß und würzig) und orientalisch (auch heiß und würzig).

Kanada dominiert den globalen Gebrauch an Senfsaat mit 75 % bis 80 %. Unser Klima ist der Hauptfaktor auf diesem Gebiet.
Der Name “Dijon Mustard” wurde in den 1980’er Jahren in TV-Reklamen als “Rolls-Royce des Senfs” proklamiert. Der Name wurde bereits in 1946 von der amerikanischen Firma Heublein aufgekauft. Dann folgte die normale Sequenz der Firmen-Verkäufe: die Firma R.J. Reynolds kaufte Heublein auf, Reynolds vereinigten sich mit Nabisco, und Kraft Foods kaufte dann Nabisco auf.
Grey Poupon für den europäischen Markt wird noch in Frankreich produziert, aber die Rechte für den Namen Grey Poupon wurden oft an viele andere Firmen verkauft und ist heute nur als Oberbegriff anzusehen.

NEWFOUNDLAND SCREECH:
Das traditionelle alkoholische Getränk der Neufundländer. Es ist eine Rum-basierte Mischung von Original Jamaica Rum mit verschiedenen anderen Alkohol-Sorten, ähnlich dem deutschen Rum Verschnitt, der nur in Flensburg produziert wird. Das Rezept des Neufundländer “Screech” ist nicht bekannt, aber geschmacklich ähneln sich die beiden sehr.
Die Legende besagt, dass der Name von einem auf der Insel stationierten amerikanischen Soldaten kommt welcher, als er seinen ersten Schluck des damals namenlosen Getränks zu sich nahm, einen lauten und schrillen Schrei (Screech) von sich gab.
“Verschnitt” enthält nur sehr wenig des hochprozentigen Rums, der aus der Karibik importiert wird. In Neufundland ist dieser wahrscheinlich etwas höher als die im Flensburger Verschnitt enthaltenen 3 %. Dazu kamen 40 % deutscher Alkohol und Wasser. Der genaue Herstellungs-Prozess wird natürlich nicht öffentlich bekannt gemacht.
Die Verbindung Großbritanniens zum Jamaica-Rum begann in 1655, als die britische Flotte Jamaica und mehrere andere Karibik-Inseln von den Spaniern übernahm. Mit dieser neuen Verbindung zum Rum wurde die tägliche Ration der britischen Seeleute von Brandy auf Rum geändert. Neufundland gehörte natürlich zum Britischen Reich, und als Seefahrer war die Verbindung der “Newfies” Neufundländer zu den Britischen Seeleuten sehr eng.
Der Import von karibischem Rum kam zuerst durch ein Übereinkommen zwischen Newfoundland und der britisch-karibischen Festland-Kolonie British Guyana zustande. Neufundland sandte gesalzenen Stockfisch nach British Guiana, wo dieser als eine billige Quelle für Protein für die Ernährung der Sklaven in den Zuckerrohr-Plantagen bestimmt war. Rum wird aus Zuckerrohr-Pflanzen produziert.
In Neufundland wird der Screech immer noch von der NLC (Newfoundland Liquor Commission) abgefüllt und kontrolliert, wird allerdings in ganz Kanada verkauft. Ich habe ihn bei einem Newfie-Nachbarn versucht und muss (ohne Schrei allerdings) mit dem US-Soldaten übereinstimmen!

SALZFISCH:
Getrockneter und gesalzener Stockfisch war und ist eine Neufundland-Spezialität, entwickelt als es noch keine Kühl- und Gefrierschränke gab, aber er ist noch immer populär. Die eingeborenen “Eskimos” des Nordens trocknen ihren Fischfang schon seit vielen Jahrhunderten auf horizontal platzierten Stöcken. “Stockfisch” wird ungesalzen getrocknet, “Cod” ist die gesalzene Version.
Die britischen Inseln der Karibik – Jamaica, Barbados, British Guinea, Trinidad, Grenada, Dominica, St. Lucia und St. Vincent – brauchten eine billige Quelle von Protein für ihre Sklaven. Die Importe von Stockfisch aus Neufundland gab ihnen diese Quelle. Spanien und Portugal waren ebenfalls große Abnehmer von gesalzenem Fisch. Bis zum Eintritt in das Britische Commonwealth in 1949 hatte Neufundland einen enormen Markt für seinen Salzfisch und exportierte etwa 127,000 quintals (9 Millionen Kilogramm) Stockfisch pro Jahr in die Karibik, im Austausch gegen karibisches Salz und karibischen Rum.

FIDDLEHEADS:
(Bild von Corona Lacasse)
“Fiddleheads” (Fiedelköpfe) sind die jungen Triebe einer Farnsorte (Ostrich Fern) in den Wäldern Kanadas. Sie werden besonders in den Atlantischen Provinzen als Delikatessen angesehen. Man kann sie einfach als Gemüse in Butter braten oder als Zutaten zu Gerichten benutzen.
Der Name wurde den “Fiddleheads” gegeben, weil die jungen Triebe der Pflanze dem Zwirbelkopf einer Fiedel ähneln.
Beim Geschmack gehen die Meinungen weit auseinander, mit Spargel und Spinat an der Spitze. Aber entweder schmecken sie einem oder nicht, wie so viele andere Esswaren. Für mich haben Fiddleheads einen äußerst undefinierbaren Wald- und Moos-Geschmack (Obwohl ich weder eines noch das andere jemals gegessen habe!).
Für uns schmecken Fiddleheads in einer einfachen Buttersoße am besten, aber das Internet gibt zahlreiche andere Möglichkeiten.
Fiddleheads sind vor allem in den Atlantik-Provinzen populär, aber man kann sie auch in einigen Supermarkets kaufen.
“Health Canada”, die kanadische Gesundheitsbehörde, gibt die folgenden Anweisungen zur Bereitung: 1) die braune Haut der Fiddleheads entfernen; 2) die Fiddleheads mehrmals waschen, am besten unter dem laufenden Wasserhahn; 3) die Fiddleheads 15 Minuten in kochendem Wasser sieden lassen, oder 10 bis 12 Minuten dämpfen. Vor dem Backen oder Sauteeing sollten die Fiddleheads ebenfalls gekocht werden.

 

Weiter zu:

Was essen Kanadier – Teil1
Was essen Kanadier – Teil2  
Was essen Kanadier – Teil 4 – Über Beeren, Austern, Hummer, Cod Tongue, Tourtiere & vieles mehr!  
Was essen Kanadier – Teil 5

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