Mein erster Besuch in Kanada

von Dorothee Wespaletz

Die Planung 1985: eigentlich gab es keine Planung, nur den Wunsch, ja die Sehnsucht in dieses wundervolle Land zu fliegen! Immer wieder mussten wir Rückschläge in Kauf nehmen. Zuerst mussten wir uns eine andere Wohnung suchen und dadurch war an einen Urlaub in Kanada nicht mehr zu denken, dann machte uns 1986 die Bundeswehr einen Strich durch die Rechnung. Naja, warten wir halt noch ein Jahr.

Dann, kurz vor der Bezahlung der Tickets ist mein geliebter Schwiegervater 1987 gestorben. Okay, wir konnten die Familie meines Mannes nicht im Stich lassen und haben alles abgesagt. Verschieben wir es halt noch ein Jahr, was solls, Kanada wird nicht verschwinden, hoffte ich jedenfalls! Aber auch die folgenden Jahre schlug immer etwas fehl und dann reichte es mir.

Aus einem anfänglich 8 wöchig geplanten Aufenthalt zusammen mit meinem Mann wurde ein zwei wöchiger Aufenhalt ganz alleine. 1990 im Herbst war es soweit, ich nahm meinen Resturlaub, bin in ein Reisebüro und hab gebucht! Dann habe ich ca. 5 Wochenlang versucht ein B&B zu finden. Damals war das noch garnicht so aktuell in Kanada und der ADAC tat alles mögliche um mir einen Platz zu besorgen! ENDLICH… 2 Wochen VOR der Abreise kam die Bestätigung dass ich einen Schlafplatz bei einer Familie bekommen habe! Ich wollte in kein Hotel gehen, da ich sehr viel Wert auf die Nähe zu der Bevölkerung legte!

Barbra, so hieß die Vermieterin, hat gleich Kontakt zu mir aufgenommen und wir haben uns sofort gut verstanden! Als sie mich nach meiner Ankunftszeit fragte, sagte ich ihr dass ich irgendwann am Samstag Nachmittag ankommen werde. Leider hatte ich überhaupt nicht an die Zeitverschiebung gedacht und kam natürlich schon Freitagabend dort an!

Kaum hatte ich es durch alle Kontrollen geschafft, wollte ich unbedingt mit dem Bus zu meiner neuen Behausung fahren, hoffte doch so mehr von der Stadt, MEINER Stadt, Vancouver zu sehn zu bekommen. Man schickte mich ein paar hundert Meter weiter zur Bushaltestelle und da saß ich dann und wartete. Gleich am ersten Abend erfuhr ich so, dass man in Kanada IMMER viel Zeit mitbringen muss wenn man mit dem Bus unterwegs ist! Leider stimmten meine Angaben über die LAGE meines Zimmers (ich hatte gesagt dass ich UNBEDINGT in die Nähe vom Vancouver Aquarium wollte) NICHT mit der Adresse überein zu der ich fahren musste, also kam es immer wieder zu Missverständnissen zwischen den diversen Busfahrern und meinen Angaben WO ich denn hinwollte. Jedenfalls kam ich so Schritt für Schritt näher in die Stadt.

Inzwischen war es fast 23 Uhr und ich hatte ein nettes Erlebnis mit einer Waschbärfamilie. Mama Waschbär und zwei Kleine überquerten die gut befahrene, sechsspurige Strasse, aber ein kleiner Waschbär traute sich nicht und blieb zurück. Nun wartete die Mutter auf der anderen Seite, aber nichts passierte. Sie machte sich dann wieder auf den Weg zu dem Kleinen, packte ihn am Nacken und trug ihn zur anderen Seite. Das ganze dauerte nur ein paar Minuten, aber in der ganzen Zeit hielten die Autos an und warteten bis die Familie wieder vereint war! Ich war natürlich fasziniert, bin ich doch wegen der Tiere und der Natur hierher geflogen und diese Aktion hat mir die Wartezeit etwas verkürzt.

Ich saß nun schon eine Weile an der letzten Haltestelle zu der mich ein netter Busfahrer gebracht hat und wartete geduldig auf den nächsten Bus, der mich hoffentlich zu meinem Bett bringen würde. Aber es keim KEIN Bus mehr. Kurz vor Mitternacht hielt dann ein Taxi vor mir und fragte mich auf was oder wen ich denn warten würde. Ich erklärte es ihm und er sagte mir dann dass in dieser Nacht KEIN Bus mehr fahren würde. Na TOLL, dachte ich, das ist ja schonmal ein guter Start. Der Taxifahrer bot mir an, dass er mich mitnehmen würde. Er hat jetzt Feierabend und wohne ganz in der Nähe von der Adresse zu der ich musste! Dankbar nahm ich sein Angebot an (er hätte mich sowieso auf KEINEN Fall dort alleine zurückgelassen, wie er mir später sagte) und bekam, zwar bei Nacht, eine tolle Sigthseeing Tour von ihm!

Kurz nach Mitternacht kamen wir bei dem Haus an, der Taxifahrer wollte kein Geld von mir, er meinte ich solle lieber ein kleines Souvenier davon kaufen, dann hätte ich immer eine Erinnerung an meine erste Nacht und meine erste Taxifahrt in Vancouver!

Nun stand ich vor dem Haus, in einem Zimmer brannte noch Licht, aber ich wusste nicht wirklich was ich tun sollte. Ich wurde ja erst am nächsten Tag erwartet. Gerade als ich mich umdrehen wollte um erstmal irgendwo anders unterzukommen, ging die Tür auf und Barbra stand vor mir… TOTAL erleichtert dass ich ENDLICH angekommen bin. Sie hatte sich beim ADAC erkundigt wann ich fliegen und wann ich ankommen würde und hat mich nun schmerzlich vermisst!

Sie hat mich umarmt wie ein lang vermisstes Familienmitglied und ich fühlte mich sofort wie zu Hause!

JA, ich war ENDLICH zu Hause angekommen, zu Hause in KANADA!!!

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