Vier der fuenf “Grossen Seen” liegen sowohl in Kanada als auch in den USA. Die USA-Kanada Grenze verlaeuft mehr oder weniger durch die Mitte dieser Seen. Nur der Lake Michigan liegt total in den USA, aber er enthaelt trotzdem eine Grenze, und zwar die Zeitgrenze zwischen der “Eastern Time Zone” und der “Central Time Zone”. Kurz nach South Bend in Indiana ueberfaehrt man diese Zeitgrenze auf dem Interstate Highway 80 und 90 auf dem Weg nach Chicago und muss seine Uhr eine Stunde zurueck stellen.
Wer viel in der Gegend der “Great Lakes” herum reist, bemerkt besonders im Winter aeusserst markante Unterschiede im Wetter, vorwiegend in der Abwesenheit von Schnee in vielen Gegenden, und in den massiven Schnee-Ansammlungen in anderen.
Der Grund dafuer ist dass die Grossen Seen die “Wetter-Maschinen” fuer grosse Teile Kanada’s und der USA sind. Wasser hat den groessten Einfluss auf das Wetter unserer Welt, abgesehen von den “aeusseren” Einfluessen wie die der Sonne, des Mondes und der Planeten.. 66% der Erdoberflaeche ist mit Ozeanen bedeckt. Zaehlt man die Grossen Seen sowie die zahlreichen Inland-Seen Kanada’s und anderer Laender dazu, kommt man auf zwischen 70% und 75%. Nicht vergessen darf man dabei auch, dass mehr als 10% des Wassers auf der Erde in gefrorenem Zustand als Polarkappen und Gletscher besteht. Das laesst also nur etwa 15% als Land fuer uns Menschen uebrig, von dem wiederum ein Grossteil nicht bewohnbar ist – weil es dort eben kein Wasser gibt.
Um also zum Thema “Grosse Seen” zurueck zu kehren: sie bestimmen in grossem Masse das Wetter auf ihren “Lee-Seiten” (also den an ihren Ostseiten liegenden “Gegenwind-Seiten”). Jeder der Seen hat in dieser Hinsicht seinen eigenen Charakter, bestimmt durch seine Lage, seine Groesse, vorwiegende Winde, Wasser-Tiefe und Temperatur, Eisbildung und einige andere Aspekte.
Im Winter aeussern sich diese Charakter-Eigenschaften durch die Schnee-Mengen und die Temperaturen der anliegenden Gebiete. Diese Eigenschaft der Grossen Seen, besonders das Winterwetter (und natuerlich auch das Wetter im Sommer) zu bestimmen, nennt sich “Lake Effect”, also die Auswirkung, die eine grosse Wassermasse auf das Wetter hat. Im Winter spricht man vom “ Snowbelt-Effekt” (der Schneeguertel-Effekt).
Der “Snowbelt-Effekt” wird durch kalte (West-)Winde ausgeloest, die ueber die waermeren Gewaesser der Seen blasen und Wasserdunst von diesen aufsaugen, der dann gefriert und an den kaelteren Ost-Kuesten der Seen als Schnee deponiert wird. Derselbe Effekt passiert ueber anderen Wasserkoerpern wie Ozeanen und Buchten.
Die Grossen Seen von Nord-Amerika enthalten 20% des Frischwassers der Welt. Ihre Oberflaeche von 245,200 Quadrat-Kilometern wuerde das ehemalige West-Deutschland total bedecken (oder heute beinahe 70% des vereinten Deutschlands).
Wenn man sich die Karte der “Snowbelts” ansieht, ist eines sofort ersichtlich: jeder der Grossen Seen hat ein anderes “Muster” fuer seine Auswirkungen auf den Schneefall. Der Lake Superior als groesster und tiefster (82,400 qkm, 147 m tief) liegt als erster direct im Pfad der vorwiegend suedwestlichen Winde. Er bringt jaehrlich im Durchschnitt 250 cm bis 350 cm Schnee ueber ein gewaltig grosses Gebiet, in dem allerdings nur sehr wenige Menschen leben.
Der Lake Michigan als drittgroesster der Seen (58,000 qkm, 85 m tief) liegt ebenfalls im ersten Angriffssfeld der Westwinde, aber wiederum ist die Bevoelkerungsdichte am Ostufer nicht sehr gross. Ausser Grand Rapids gibt es keine groesseren Staedte dort.
Entlang des Lake Huron (59,600 qkm, 59 m. tief) sieht es schon etwas anders aus. Obwohl auch hier die Dichte der Bevoelkerung nicht sehr gross ist, ist die Gegend an der Ostkueste (und besonders der Georgian Bay, eine Bucht mit allen Eigenschaften der fuenf “Grossen” und fuer mich als Segler eigentlich der sechste der Grossen Seen) eine der Hauptziele der Einwohner von Toronto und den anderen Grossstaedten Sued-Ontarios. Die Schneestuerme, Blizzards und Schneeverwehungen dieses Snowbelts sind legendaer.
Noch legendaerer dagegen sind die Auswirkungen der Lake Erie Schneestuerme auf das Winterwetter von Buffalo und die Gegenden suedlich des Sees. Lake Erie (925,700 qkm und nur 19 m tief) war z.B. in 1977 total ueberfroren. Der Schnee der vorherigen Tage lag locker auf dem Eis, bis ein Blizzard mit Winden bis zu ihn aufnahm und nach Buffalo und in das noerdliche New York blies. Schneeverwehungen von 5 m bis 10 m waren keine Seltenheit, und die Gegend lag wochenlang im Chaos.
Der “Snowbelt” des Ontario-Sees (der kleinste mit 19,500 qkm, aber allerdings einer der tiefsten mit 86 m) hat keinen Einfluss auf das Winterwetter von Ontario, aber er versorgt die oestlich von ihm gelegenen Ski-Gebiete in Vermont mit allerhand des (fuer die Ski Resorts) “weissen Goldes”.
Weniger legendaer sind die Ski-Konditionen der zahlreichen Resorts in den Snowbelt-Gegenden. In einigen Jahren sind sie spektakulaer, in anderen wiederum ziemlich aermlich, je nach Schneefall.
Die Schneestuerme dieses Jahres and der Atlantik-Kueste (sowie auch andere in den vorhergehenden Jahren) haben einen total anderen Ursprung wie die der Grossen Seen.
Sie kommen vorwiegend von Atlantischen Stuermen, die feuchte Luft aus dem Golf von Mexiko oder aus den kanadischen Maritimes bringen, die dann in den kalten Temperaturen dieser Gegenden gefriert und als Schnee deponiert wird.
Peter Iden
Brampton, Ontario, Kanada