Kanada und USA: Zwei ungleiche Nachbarn

von Can Kurtulus

Spätestens seit dem Eishockey-Endspiel bei den olympischen Winterspielen 2010 wurde es deutlich: Nordamerika besteht aus zwei Nationen. Die USA und Kanada sind trotz gemeinsamer Sprache und einer von Ozean zu Ozean verlaufenden gemeinsamen Grenze zwei Länder, die sich in vielen Dingen voneinander unterscheiden. Die eine Nation entstand vor mehr als 200 Jahren aus einer starken Unabhängigkeitsbewegung, die andere begann als konstitutionelle Monarchie und wurde erst 1982 als eigenständiger Staat unabhängig von der britischen Krone. Einen amerikanischen Traum, wie er die Bürger der USA zur politischen, religiösen und materiellen Unabhängigkeit bewegte, hat es in Kanada nie gegeben.

Aufgrund der klimatischen Bedingungen lebt der höchste Anteil der kanadischen Bevölkerung im Süden des Landes, entlang der Grenze zu den USA. Die Gemeinsamkeiten, die beiden Nationen zugrunde liegen, sind sicherlich auch hierdurch begründet. Riesige Einkaufszentren, Fast-Food-Ketten und kilometerweite, gerade Highways gibt es in beiden Staaten.

Die USA sind der größte Handelspartner Kanadas, aber auch umgekehrt steht Kanada an der Spitze der Handelspartner der USA. Begünstigt wird der gemeinsame Handelsmarkt durch die gemeinsame Sprache. Dennoch, auch in Kanada gibt es sprachliche Besonderheiten, die ein US-Bürger nicht ohne weiteres versteht. Kanadier sprechen oft langsamer und deutlicher als die US-Nachbarn. Die Zahl der Einwanderungen in Kanada ist beinahe doppelt so hoch wie die der USA, und diese Einwanderer müssen ja zunächst einmal Englisch lernen. Möglicherweise liegt die bessere sprachliche Artikulation hierin begründet. Für deutsche Ohren sprechen Kanadier ein verständlicheres Englisch in einer Art britisch-amerikanischen Mischung.

Französisch als zweite Nationalsprache prägt einen weiteren Unterschied zum Amerikanischen. Ähnlich wie in Deutschland durch französische Präsenz Begriffe wie „Portemonnaie“ und „Trottoir“ in den alltäglichen Gebrauch übernommen wurden, gibt es auch im englischsprachigen Teil Kanadas zahlreiche Vokabeln französischen Ursprungs. Interessanterweise ist das kanadische Französisch, das in der Provinz Quebec gesprochen wird, oft für Franzosen aus Europa nicht immer leicht zu verstehen.

Immer häufiger zieht es deutsche Jugendliche für einen Schüleraustausch nach Kanada. Das kanadische Schulsystem hat weltweit einen besonders guten Ruf. Die Zweisprachigkeit an den Schulen ist gerade im Hinblick auf die berufliche Karriereplanung besonders attraktiv. Auch bei der Wahl für ein Auslandspraktikum steht Kanada als Wunschland häufig an erster Stelle. Austauschschüler und Praktikanten aus Europa sind gern gesehen.

In der toleranten und höflichen Umgangsweise miteinander und mit fremden Kulturen stehen die Kanadier den US-Amerikanern in nichts nach, hier ist der Patriotismus jedoch bei weitem nicht so ausgeprägt, wie bei den südlichen Nachbarn. Der kanadische Lebensstil gilt weithin als entspannt. Dies zeigt sich allerdings nicht bei sportlichen Wettkämpfen. Besonders Eishockey, von den Kanadiern in Kurzform „Hockey“ genannt ist absoluter Nationalsport. Kanada ist gleichauf mit Russland achtfacher Olympiasieger. Wen wundert es da, dass das Endspiel gegen die USA die sonst gelassenen Kanadier von den Bänken riss.

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1 Kommentar

Klaus Wilken 10. Juli 2017 - 23:40

Für uns Europäer ist der Unterschied an der immigration control sofort spürbar. In Toronto britisch korrekte und höfliche Kontrolle,. Und in LA? Nun ja, ich möchte höflich bleiben .

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