Tierwelt in Kanada: Vögel

von Peter Iden

Einem erfahrenen Beobachter faellt immer wieder die Aehnlichkeit der kanadischen Vogelwelt mit der europaeischen auf. Tatsaechlich gibt es hier in Kanada fast genau die gleichen Vogelfamilien wie z.B. in Deutschland, mit nur wenigen Ausnahmen. Beide Gebiete haben insgesamt etwa 450 Vogelarten, von denen sich etwa ein Drittel sogar bis in alle Einzelheiten gleichen.

Der groesste Teil dieser etwa 150 gleichartigen Voegel ist meergebunden: Moeven, Gaense, Enten, Seeschwalben und Sturmvoegel. Voegel also, denen weite Wassermassen wie der Atlantische Ozean keine Grenzen setzen. Viele der Regenpfeiffer, Schnepfen, Brachvoegel, Wasser- und Strand-Laeufer, alle mit hervorragenden Flugkraeften ausgestattet, kommen dazu..

Arktische und Sub-arktische Voegel wie Finken, Zeisige, Kreuzschnaebel, Eulen und Wuerger verbreiten sich vom Norden aus tief in beide Kontinente. Fast alle der restlichen Arten sind sich so aehnlich, dass sich ihre Verwandten auf dem anderen Kontinent ohne grosse Schwierigkeiten feststellen lassen.

Fuer den ungeuebten Beobachter ist es allerdings schon etwas schwieriger, die Aehnlichkeiten zwischen den Voegeln unserer neuen Heimat und denen der alten zu finden. Nur zu tief sind die alten Vogelbekanntschaften aus Volksmund, Erzaehlungen und Schulbuechern verwurzelt.

An erster Stelle steht wohl der Weissstorch. In Kanada gibt es keinen Vertreter der Storchenfamilie, also muessen wir in diesem Fall auf ein Gegenstueck verzichten.

Dann waere da der Kuckuck, jener Vogel, der seine Beruehmtheit mehr einem bluehenden Industriezweig im Sueden Deutschland’s als seiner eigenen schattenhaften Persoenlichkeit verdankt.

Auch in Kanada gibt es den Kuckuck, und sogar in zwei verschiedenen Arten. Man muss es schon unseren beiden einheimischen Kuckuck-Arten verzeihen, dass sie nur sehr leise “ku-ku-ku, ku-ku-ku” und “ka-ka-ka-kaup-kaup” rufen. Sprachunterschiede gibt es ueberall, und waere es nicht recht eintoenig, wenn alle 202 Kuckuck-Arten der Welt nur “kuckuck” riefen?

Die europaeische Nachtigall ist zwar ein passionierter Saenger, aber die kanadische Einsiedlerderossel (Hermit Thrush) kann es jederzeit mit ihr aufnehmen. Wenn ihre hellen, klaren Floetentoene durch die Waelder des Nordens klingen, dann weiss man, warum sie “Amerikanische Nachtigall” und “Sumpfengel” genannt wird.

Den zweitbekanntesten Saenger der deutschen Vogelwelt, die oft besungene Feldlerche, hat man schon mehrmals in der Neuen Welt anzusiedeln versucht. Bisher ist dieses aber nur auf Vancouver Island und in Hawaii in kleiner Anzahl gelungen. Hier muessen wir uns mit dem weniger melodischen glockenaehnlichen Gesang der Ohrenlerche ( Horned Lark) zufrieden geben.

Der Zaunkoenig, der verzauberte Prinz der deutschen Maerchenwelt, ist hier gleich mit fuenf verschiedenen Arten vertreten, waehrend es in ganz Europa nur eine einzige Art gibt.

Bei vielen artverwandten Voeglen muss man weniger ihr Aussehen als ihre Wesensart in Betracht ziehen. Im orange und schwarzem Baltimoretrupial (Baltimore Oriole) sehen wir den deutschen Pirol verkoerpert. Der Schopfhaeher (Blue Jay) erinnert mit seinen laermenden Kapriolen an den Eichelhaeher.

Die Wanderdrossel (Robin) ist zwar entschieden grosser als das Rotkehlchen, sieht ihm jedoch sonst sehr aehnlich und gehoert auch zur gleichen Familie. Die deutsche Schwarzdrossel allerdings gleicht im Gesang und im Gehabe mehr dem Robin als das Rotkehlchen.

Das laute Wesen des Keilschwanzregenpfeiffers (Killdeer) laesst uns an keinen anderen deutschen Vogel als den Kiebitz denken, und der American Goldfinch ist ein ebenso lustiger Geselle wie der deutsche Stieglitz.

Hausspatz, Star und Felsentaube wurden erst vor etwa einem Jahrhundert aus Europa “importiert”. Sie gediehen hier leider nur zu gut und in so grosser Anzahl, dass sie viele einheimische Arten verdraengten.

Zu den Voegeln, die uns ebenfalls aus Deutschland bekannt sind, gehoeren unter anderen auch die Rauchschwalbe (Barn Swallow), der Habicht (Goshawk), Fischadler (Osprey), Schnee-Eule (Snowy Owl), Waldschnepfe (Woodcock), Seidenschwanz (Bohemian Waxwing), Weidenmeise (Black-capped Chickadee) und Raubwuerger (Northern Shrike).

Nun aber muessen auch die Voegel erwaehnt werden, die es nur auf dem nordamerikanischen Kontinent gibt. Da sind zuest einmal die Geier. In Kanada ist es der Truthahn-Geier (Turkey Vulture), der hier sehr zahlreich ist. Truthahn, weil sein nackter Hals dem eines Truthahns gleicht.

Kanada-Gaense (Canada Geese) gibt es heute in der ganzen Welt, aber ihr Ursprung ist in Toronto. Nach ihrem praktischen “Aussterben” in den 1960’er Jahren wurden die wenigen Exemplare dieser Art auf den Inseln vor Toronto ausgesetzt und vermehrten sich in unerwarteten Zahlen auf Hunderte, Tausende und schliesslich Millionen in der ganzen Welt. Sie werden heute in bestimmten Gegenden als Umweltverschmutzer angeehen.

Der “Cardinal” ist ein anderes Beispiel eines heute typisch kanadischen Vogels. Urspruenglich ein Einwohner der Karolinischen Fauna suedlich der Grenze, hat er sich in den letzten 40 oder so Jahren bis nach Nord-Ontario verbreitet.

Verschiedene andere Vogelarten gibt es nur in Kanada und anderen Teilen von Nordamerika, wie z.B. die Insekten-fressenden “Warblers”, aehnlich den deutschen Grassmuecken, Heckensaengern, Laubsaengern und Spoettern, aber nicht direkt verwandt mit diesen.

Peter Iden
Brampton, Ontario, Kanada

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