Wie immer, wenn ich einen Beitrag plane und auslege, ueberwaeltigt mich oft die Vielfalt der Informationen, die ich auslassen muss, um diese nicht zu tief greifend und langwierig zu gestalten. Ueber das “Barbecueing” oder “Grillen” gibt es heute Tausende von Artikeln und Beitraegen im Internet, und es sind sicherlich bereits Hunderte von Buechern darueber geschrieben worden. Man wird mir also verzeihen muessen, wenn ich mich auf die langjaehrigen Erfahrungen in meiner Familie und nur einige wenige der massgeblichen Quellen stuetze.
Das Kochen, Braten, Roesten, Grillen und andere Arten der Zubereitung von Fleisch und diversen Esswaren ist in der ganzen Welt verbreitet. Sicher gab und gibt es auch zahlreiche Voelker, bei denen dieselben Methoden der Zubereitung benutzt wurden und noch immer benutzt werden. Das “Barbequeing” oder “Grillen” von Fleisch ist dabei keine Ausnahme.
Ein wenig Barbeque-Geschichte:
Bei unseren Besuchen auf den karibischen Inseln haben wir einen guten Teil der Geschichte ihrer ehemaligen und heutigen Einwohner mitbekommen. So umfuhren wir einst die ganze Insel Puerto Rico sowie durch die Berge im Inneren und uebernachteten in Orten wie Mayaguez und Humacao, die noch heute ihre Taino-indianischen Namen tragen. Die Tainos waren Nachkommen der friedlichen Arawak-Indianer, die etwa in 900 BC aus der Gegend um den Orinoco und dem Amazonas in die Karibik kamen. Heute gibt es nur noch zwei Inseln, auf denen Nachkommen der karibischen Indianer leben. Auf Roatan vor Venezuela leben die “schwarzen” Tainos (Indianer und Sklaven-Mischlinge), und etwa 2,200 (heute auch schon stark “vermischte”) Carib-Nachkommen (“Kalinagos”) leben auf der Antillen-Insel Dominica. Allerdings hatten wir bei unseren Besuchen auf diesen beiden Inseln in 2007 und 2008 keine Gelegenheit, die indianischen Kulturstaetten zu besuchen.
Was haben die karibischen Indianer mit dem heutigen “Barbeque” gemeinsam? Nun, ein wenig Geschichte kann nicht schaden. Es waren die Arawak-Tainos, die das “Barbecue” nach Mittel-Amerika und in die Karibik brachten, und damit auch in Reichweite der ersten Erforscher ihrer Inseln.
Auf unsererem letzten Besuch auf der Insel Hispaniola in der Dominikanischen Republik besuchten wir eine Frucht-Farm im gebirgigen Dschungel im Inneren der Insel und nahmen dort an einem Barbeque teil. Bevor sie von den kriegerischen, angeblich kannibalistischen Carib-Indianern teilweise vertrieben wurden, bauten die friedlichen Taino Indianer auf den karibischen Inseln (wie Hispaniola und Puerto Rico), Holz-Grills ueber ihren Feuern, auf denen sie Fleisch raeucherten und trockneten. Alle Voelker der Vorzeit mussten ihr Fleisch trocknen, um es vor Insekten und dem Verderben zu schuetzen.
Die Tainos nannten das Grill “barbacoa”, ein Wort, das von den spanischen Eroberern uebernommen wurde und als “barbicu”, “barbacue”, in Europa und Nord-Amerika bekannt wurde und schliesslich in der heutigen Form als “barbeque” den Einzug in die englische Sprache hielt (hier auch als “barbecue” und in Australien liebevoll als “Barbie” betitelt).
Tainos schliefen auf erhobenen Plattformen aus gekreuzten Holzstangen (Grills), welche sie ebenfalls “barbacoa” nannten. Die Herkunft des Wortes “Barbeque” ist also zweifellos die Sprache der Arawak-Taino Indianer und bezieht sich auf das “Grill”.
Zahlreiche der heutigen Worte in den spanischen, portugiesischen, englischen und franzoesischen Sprachen (und sogar in der deutschen) stammen von indianischen Worten ab. Der Gott der grossen Winde in der Taino-Sprache hiess “Jurican”, was fast direkt als “Hurricane” ins Englische und dann als “Orkan” in die deutsche Sprache uebernommen wurde. Zahlreiche andere Taino-Worte wurden ebenfalls in diese Sprachen uebernommen. “Mais”, “Guava”, “Kanu”, “Papaya” und “Tabak” sind nur einige wenige Beispiele.
Imus und Luaus der Pazifischen Inseln:
Das traditionelle “Imu” der Hawaiianer, eine Grube, in der ein ganzes Schwein in Bananen-Blaetter gewickelt und dann mit heissen Steinen “gekocht” wird, ist eine pazifische Tradition und hat nichts mit einem Barbecue oder Grillen zu tun. Die Tainos hatten allerdings auch eine Methode, bestimmte Esswaren wie Fleisch, Fisch und Gemuese in erdbedeckten Gruben zu bereiten, die mit heissen Steinen und brennenden Holzscheiten erhitzt wurden. Anstatt der urspruenglich heissen Steine werden heute meistens Kohlen-Briquets und Holzkohle gebraucht. Auf den Hawaiianischen und fast allen anderen Inseln des Pazifischen Ozeans wird die Imu-Methode nur fuer Schweinefleisch benutzt und das Kochen dauert einen ganzen Tag, oft laenger (bis zu 18 Stunden, je nach Groesse des Schweines). Die “Geburt” des fertigen Schweines bei einem “Luau” ist immer eine sehr festliche Angelegenheit!
Ein langsam am “Spit” (Spiess) “geroestetes” kleines Schweinchen (“roast pig”, wohlgemerkt, nicht “gegrillt”, auch nicht “barbecued”) kann ebenfalls einen ganzen Tag dauern, bis es gar ist. Ein grosses Schwein von 80 Pfund dauert sogar 20 bis 24 Stunden!
Barbeque und Grillen in Nordamerika:
Fuer nordamerikanische Zwecke ist diese langsame Kochweise kaum akzeptabel. Die Siedler des Ostens sowie die Cowboys des Westens hatten keine Zeit, einen ganzen Tag zu warten, bevor ihre Mahlzeit fertig war, und die heutige Bevoelkerung hat noch weniger Zeit. Die Popularitaet des Barbeque-Grillens in Nord-Amerika ist Zeuge dafuer. Es gibt kaum eine Familie ohne ein Barbeque.
Die Texaner sehen das anders. Sie lieben langsam gekochtes Fleisch (es darf natuerlich nur Rindfleisch sein) mit viel Rauch ueber schwelendem “Mesquite Wood” oder “Pecan Wood” und nennen es “Barbequeing”. Mit direkter Hitze wie Propangas geht es erheblich schneller, aber das wird dort als “Grilling” bezeichnet. Der Unterschied zwischen “Barbequeing” und “Grilling” wird immer noch debattiert.
Findig wie immer, bauen die Nord-Amerikaner heute in ihre Barbeques (zumindest die teureren) auch drehbare “Rotisseries” ein, mit einem Elektro-Motor-getrieben, auf denen sich aufgespiesste ganze Huehnchen oder “roasts” auf sogenannten “spits” langsam drehen, bis sie gar sind!
Festliche Angelegenheiten:
Ein ausgesprochen nord-amerikanisches Ereignis sind die sommerlichen “Rib-Fests” in zahlreichen Lokalitaeten in Kanada und den USA. Hierzu kommen “Ribbers” aus ganz Nord-Amerika zusammen, um ihre gegrillten “barbecued ribs” an die Besucher der Festivals zu verkaufen. Das groesste dieser “Ribfests” in Kanada wird zweifellos jedes Jahr in Burlington, Ontario abgehalten. 18 “Ribber Teams” fuettern 175,000 Besucher mit 150,000 Pfund Rippen!
http://canadaslargestribfest.com/about.php?page=gallery
Ein weiteres Beispiel sind die “Chicken Leg Roasts” nach dem Beispiel der Siedler-Pioniere, bei denen nur Haehnchenbeine auf dem Rost gegrillt werden – oft Hunderte auf einmal. Die werden ohne Teller, Messer und Gabel serviert und von den Besuchern in der Hand gehalten gegessen. Das ist ja sowieso die Norm in Nord-Amerika, wie z.B. mit Kentucky Fried Chicken, Swiss Chalet Chicken, Fish-and-Chips, Pitas, Wuerstchen-Rollen und zahlreichen anderen “finger foods”. Auf die Idee, eine belegte Scheibe Brot oder einen Hamburger mit Messer und Gabel zu essen, wuerde kein Kanadier oder Amerikaner jemals kommen.
Peter Iden
Brampton, Ontario, Kanada