Alles über Barbeque in Kanada – Teil 2

von Peter Iden

Zuerst einmal muss man den Mythos verwerfen, dass das Barbeque reine Maennersache ist. Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt. Die Vorarbeit leisten einzig und allein unsere Frauen. Sie kaufen das Fleisch, beschneiden es, marinieren und wuerzen es. Sie bereiten alles vor, was dazu gehoert: Gemuese, Kartoffeln, Sossen, decken den Tisch mit Tellern, Schuesseln, Bestecken, Dekorationen usw. Und das kann Stunden dauern. Unser Beitrag als Maenner besteht darin, das Fleisch auf den Grill zu legen und einige wenige Minuten aufzupassen, dass es richtig gegart wird, waehrend dessen wir daneben sitzen und in Ruhe eine Flasche Bier geniessen.

Was die Steaks auf dem Barbeque-Grill anbetrifft, mache ich das schon seit 50 Jahren und habe viel von kanadischen Meistern gelernt – auch von meinem amerikanischen Onkel, der kurz nach Kriegsende (in 1946) wahrscheinlich das erste echte Barbeque in Deutschland fuer unsere Familie veranstaltete. OK, vielleicht auch nicht das erste, denn die amerikanischen Soldaten hatten sicherlich schon laenger ihre Barbeque-Grills in Deutschland in Betrieb.

Natuerlich kann man alles Fleisch auf einem Barbeque-Grill vorbereiten, und auch wir packen Huhn, Schweine-Koteletts, Wuerstchen, Hamburger, Schweine-Rippen, Pilze, Zwiebeln, Mais-Kolben, Back-Kartoffeln und noch einiges andere auf unseren Grill. Auch Fische (Lachs, Forellen) landen bei uns ab und zu auf dem Grill. Es sind die “Pot Luck Barbeques”, zu denen jeder sein eigenes Fleisch mitbringt, die fuer mich ein Greuel sind, denn Rind, Schwein und Huhn auf einem Grill vertragen sich nicht, weil jedes eine andere Temperatur und eine verschiedene Zubereitungs-Zeitspanne verlangt!

Barbequeing ist eine Kunst, die den meisten Europaern unbekannt ist. Der wichtigste Schritt ist die Auswahl des Fleisches. Die besten Schnitte zum Barbeque – wie New York Strip Loin, Porterhouse, Eye-of-the Round und andere – gibt es ueberhaupt nicht in Europa, obwohl es einige sehr wenige Geschaefte gibt, bei denen man sie auf Bestellung sehr teuer bekommen kann.

Natuerlich gibt es auch Menschen, das Barbequeing oder Grillen so ernst nehmen, dass sie ewig darueber debattieren und jedes Jahr grosse Wettbewerbe veranstalten, um zu sehen, wer der Beste unter ihnen ist. Auch in Deutschland gibt es solche Gruppen und Wettbewerbe. Ich konnte es kaum glauben, was ich auf dieser deutschen Web Site las.

http://bbqc.de/bbqcphp/index.php?grillen___barbeque

“Hierzulande versteht man unter Barbeque oft eine lustige Grillparty. Barbeque ist jedoch kein anderes Wort für Grillen. Nein, beides sind unterschiedliche Zubereitungsmethoden. Beim Grillen wird das Fleisch in kurzer Zeit bei hohen Temperaturen, zwischen 300-800°C, und direkter Hitzeabstrahlung gegart.”

Um Himmel’s Willen, 800 Grad Celsius? Das sind 1,472 Grad Fahrenheit. Ein guter Weg, um Holzkohle (sorry, Steak-Kohle) zu produzieren.

“Barbeque hingegen dauert ungleich länger, mitunter zwischen 2 und 20 Stunden. Dafür liegen die Temperaturen nur bei 100-160°C. Die Hitze wird beim Barbeque indirekt zugeführt. Der Unterschied liegt nicht am Gerät, sondern in der Art der Zubereitung.”

Wie bitte? Das sind 212 bis 320 Grad Fahrenheit. Unsere Steaks auf dem Barbeque dauern bei 350 bis 400 Grad Fahrenheit etwa 5 Minuten, maximal 10 Minuten, um gar zu werden. Und wer will schon 2 bis 20 Stunden auf sein Steak warten?

“Sie können also auch auf dem geeigneten Grill “barbequen” und auf dem Barbequegrill grillen.” Ist also ein Barbeque ein Grill und ein Grill ein Barbeque? Oder ist ein Grill kein Barbeque oder ein Barbeque kein Grill? Die Website gibt keine Antwort dafuer.

Wenigstens darf ich beim Barbequeing mein Fleisch direkt auf das Grill legen, und das genuegt mir, ohne darueber argumentieren, ob es ich nun grille oder barbeque.

Obwohl die “Anzuendungs-Technik” (mit Petroleum-Produkten) kaum noch im Gebrauch ist, wird sie scheinbar doch noch praktiziert. Holzkohle und Briketts sind in Nord-Amerika schon seit Jahrzehnten “out” – obwohl es sie tatsaechlich noch gibt und einige wenige “Oldtimers” sie noch benutzen. Die “Ribbers” benutzen teilweise Holz und teilweise Holzkohle.

Fuer den “Normal-Barbequer” ist jedoch Propan-Gas heute DAS Heizmittel fuer Barbeques, ohne die karzinogenen Gefahren von Anzuende-Fluessigkeiten, Holz, Holzkohle oder Briketts.

Allerdings muss auch ich zugeben, dass wir von den “Puristen” etwas abweichen, wenn wir das Fleisch meistens zuerst marinieren und dann auf das Grill packen. Die hauen ihre Steaks ohne Vorbereitung “nackt” auf’s Grill. Sie haben schon insofern Recht, dass das Wuerzen erst nach dem Schliessen der Poren geschehen sollte. Aber das Marinieren traegt wirklich allerhand zum Geschmack eines Steaks bei. Die “besten” Steaks sollte man jedoch tatsaechlich unmariniert (“nackt” ist mein Wort) auf das Grill bringen

Und ich muss auch erwaehnen, dass die wirklich grossartigen Steaks in den Steak-Houses von Nord-Amerika uns normalen Sterblichen kaum zugaenglich sind. Die werden naemlich von den Chefs der Restaurants aufgekauft, bevor der Rest der Tiere auf den Markt kommt. Die normalen Schlachter sowie die Supermarkets bekommen sie kaum.

Aber es gibt hier in Kanada Quellen, wo man fuer den richtigen Preis das richtige Fleisch kaufen kann. Ueberrraschenderweise ist eine dieser Quellen die Costco-Kette, die ihre eigene Schlachterei betreibt.

Mehr ueber den Einkauf von Barbeque/Grill-Fleisch im 3. und letzten Teil dieser Serie.

Peter Iden
Brampton, Ontario, Kanada

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