Alles über Barbeque in Kanada – Teil 3

von Peter Iden

Wie kauft man also das beste Steak fuer ein Barbeque ein? Fuer die von euch, die in Deutschland leben, kann ich euch leider keine ausfuehrlichen Winke geben, denn ich bin nicht mit den deutschen Fleisch-Schnitten bekannt. Der Unterschied zwischen den nordamerikanischen und den deutschen Fleisch-Schnitten geht darauf zurueck, dass weder die Siedler des Ostens noch die Cowboys des Westens das Wissen eines europaeischen Fleischers hatten, sondern die Tiere eben so zerschnitten, wie es fuer sie am leichtesten war. In Deutschland wird Rind- und Kalbfleisch anders geschnitten, aber soviel ich weiss sind die Schnitte hier dieselben fuer Rinder und Kaelber.

Die Jagd nach dem richtigen Fleisch:

Ein gutes Barbeque-Steak sollte eine “marbled texture” haben, d.h. es sollte mit feinen Fettadern durchsetzt sein. Das Fett tropft waehrend des Grillens ab und hinterlaesst ein saftiges Stueck Fleisch ohne viel sichtbares Fett. Bei Steaks, die sehr viel sichtbares Fett und Sehnen um den Rand haben, sollte man die Sehnen total abschneiden, denn sie verhaerten sich auf dem Barbeque. Wo ein Fettrand besteht, muss dieser bis auf etwa 1/4 inch (2/3 cm) zurueck geschnitten und alle 10 cm oder so mit dem Messer eingekerbt werden, um ein Einrollen des Randes (curling) zu verhindern.

Die besten nordamerikanischen Schnitte sind die “Prime Cuts” oder “Choice Cuts”. Davon gibt es vier: “Chateaubriand”, “Medaillon”, “Filet de Boeuf” und die weniger bekannten “Tornedos”. Diese werden nur in Restaurants unter den franzoesischen Namen angeboten. Alle sind aus demselben Teil geschnitten, der Lende (loin), und werden in den Laeden als “Tenderloin” verkauft. Es sind die besten, aber auch die teuersten Schnitte.

Filet Mignon ist unser persoenlicher Favorit, zwischen 1 bis 2 inches (2.5 bis 5 cm) dick und nicht mehr als 4 inches (10 cm) Durchmesser. Meine Frau kauft meistens eine ganze Lende und schneidet die Mignons aus dem “Schwanzende” der Lende. Ein Tier hat nicht mehr als 5 bis 6 Pfund dieses Filets, welche aus dem kleinsten Teil des Tenderloin Stuecks geschnitten wird. Die “Supermarket-Filet Mignons” sind meistens groesser, bis 5 oder 6 inches (11 bis 14 cm ) im Durchmesser, jedoch immer noch beste Qualitaet. Filet Mignons werden oft mit einer Scheibe Speck umwickelt (mit ein oder zwei hoelzernen Zahnstochern befestigt), um sie “feucht” zu halten. Der Speck hat keinen anderen Zweck und sollte vor dem Essen weggeworfen werden.

Da diese Schnitte aber kaum Fett enthalten, sind sie nicht die besten fuer Barbeque. Man muss sie oefter mit Wasser bespritzen (“basting”), damit sie nicht austrocknen.

Eine Stufe tiefer stehen die “Select Cuts”, gute aber billigere Schnitte fuer die Allgemeinheit der Barbeque-Anhaenger. Es handelt sich hier um Schnitte wie “Rib Eye”, “Porterhouse”, “T-Bone”, “Club” und “New York Strip”. Dieses sind die Barbeque-Steaks, welche von den meisten Kanadiern bevorzugt werden.

“Rib eye” ist ein Steak aus der Hoch-Rippe. Sehr populaer fuer Barbequeing, saftig, Fett-marbliert, ohne Knochen, aber auch teuer. “Porterhouse” und “T-Bone” kommen ebenfalls aus der Lende der Tiere, haben jedoch ein T-foermiges Knochenstueck mit Fleisch auf jeder Seite. Beide haben ein Stueck “Tenderloin” auf einer Seite, groesser beim “Porterhouse”, kleiner beim T-Bone. New York Strip Steak stammt aus der “short loin” (kurze Lende) des Tieres. Eigentlich ist es ein Porterhouse oder T-Bone ohne Knochen.

Weniger populaer fuer Barbequer, in der niederen Preis- und Qualitaets-Klasse, sind “Top Round”, “Skirt Steak”, Flank Steak”, “Sirloin Tip” und “Eye-of-the-round”. Sie enthalten wenig Fett und haben die Tendenz, sehr zaehe zu sein. Diese Steaks muessen wegen ihrer Faser-Struktur oft physisch bearbeitet werden (“tenderized”), um einigermassen geniessbar zu sein. “Tenderizing” heisst, sie durch eine Maschine zu bringen, welche die Fasern zerbricht, oder sie mit einem Fleisch-Hammer zu bearbeiten, um sie “weich” zu machen. Aber ganz weich werden sie nie!

Alle Steaks sehen gut aus, wenn man sie kauft, aber das erste “Versprechen” halten sie oft nicht. Lustig finde ich, dass “Swiss Steak” (Schweizer Steak) auf der niedrigsten Qualitaets-Stufe steht und nur “Maschinen-gehackt” verkauft wird! Sagt das etwas ueber die Schweizer aus?

Es wird behauptet, dass Alberta das beste Fleisch und die besten Steaks hat. Man darf nicht vergessen, dass Alberta das “Texas” von Kanada ist, und dass die Texaner eine ueberaus aufgeblasene Meinung von sich selbst und ihrem Fleisch haben. Ich moechte hier keine Parallelen ziehen, aber gutes Fleisch und gute Steaks gibt es in ganz Kanada. “Black Angus” Kuehe geben angeblich das beste Fleisch, und es gibt sie ueberall in Kanada. das Fleisch der “Charolais” gehoert ebenfalls zu den besten Fleischsorten, und auch sie gibt es ueberall im Land.

Fleischpreise in Kanada:

Um es gleich im Voraus zu sagen: ich kaufe nie das Fleisch in unserer Familie, denn ich bin alles andere als ein Experte im Erkennen der besten Schnitte. Das erledigt meine Frau. Aber der Leitsatz ist, wie immer, dass man das bekommt, wofuer man bezahlt. Fleisch ist nicht immer gleich Fleisch, und gutes Fleisch ist teuer. Die Preise von verschiedenen Supermarket-Ketten variieren fast taeglich, und Vergleiche sind schwer. Die teuersten Schnitte wie z.B. Tenderloin (aus der Lende) liegen um $ 29.00/kg fuer Steaks, und $ 21.00/kg im Stueck (3 bis 4 kg). Sirloin kostet etwa $ 20.00/kg fuer Steaks, $ 15.00/kg im Stueck (3 bis 4 kg). Man muss die Augen offen halten fuer die “Specials”, und nur die Frauen koennen diese am besten heraus schnueffeln. So sah ich heute z.B. in drei verschiedenen Laeden “Sirloin Tip” fuer $ 5.39/kg, $ 10.34/kg und $ 11.99/kg.; “Eye-of-the-Round fuer $ 8.29/kg, $ 13.21/kg und $ 15.43/kg.; Schweine-Rippen (back and side) fuer $ 3.86/kg, 4.39/kg und $ 6.59/kg. Der karibische Supermarket hier macht Reklame fuer Schweine-Rippen und Kotellets fuer $ 2.18/kg und Pork Tenderloin fuer $ 4.38/kg. Es ist ein Dschungel fuer Hausfrauen da draussen!

Steaks und Hamburger vom Bison (Bueffel):

Der “europaeische Traum” ist es natuerlich, auch einmal Bison-Fleisch zu essen. Nostalgie und “Sehnen nach der Vergangenheit” spielen sicherlich eine Rolle im Unterbewusstsein des Verzehrers, besonders in Europa. Wir haben in den 1980/90’er Jahren ab und zu Fleisch von einer Bison-Farm nahe unserer ehemaligen Cottage gekauft. Die Farm war unter deutschem Management, der Mann hatte sich absichtlich so frisiert, dass er aussah wie “Buffalo Bill”. Das Fleisch ist sehr trocken, es enthaelt weit weniger Fett als Fleisch vom Rind. Die Schnitte sind die gleichen, aber nicht mit Rindfleisch vergleichbar.

Der Clue des Barbequeing, die Vorbereitung und das Grillen:

Nach Abschluss der “Jagd” nach einem guten Stueck Fleisch kommt nun der “Clou”, das “Ein-und-Alles”, der Punkt, an dem ein Super-Stueck Fleisch zu einem mittelmaessigen oder schlechten Steak werden kann!

Schritt Nummer eins ist das “Marinieren”, bei den besseren “cuts” kaum notwendig, aber bei den billigeren Schnitten traegt es doch einiges zur Weichheit des Fleisches und zum Geschmack bei. Die in Laeden kaeuflichen “Marinaden” enthalten meistens zu viel Salz und Gewuerze, welche den Fleisch-Geschmack ertheblich beeinflussen koennen. Die beste “Marinade ist Bier oder Weisswein (Rotwein kann die Fleischfarbe stark beeinflussen, obwohl er fuer den Geschmack weitaus besser geeignet ist). Hamburger sind keine Steaks, brauchen also nicht mariniert werden.

Mariniert oder nicht, das Barbeque muss zuerst auf etwa 600 bis 700 Grad Fahrenheit (315 bis 370 Grad Celsius) erhitzt werden. Das in den meisten Barbecues eingebaute
Thermometer hilft dabei, die korrekte Temperatur zu halten. Dem deutschen Wink, dass die Temperatur bis 800 Grad Celsius sein kann, sollte man nur folgen, wenn man schwarzes, verkohltes Fleisch liebt. Selbst das “Cajun-blackened Meat” wird nicht auf diese Temperatur gequaelt!

Das Fleisch muss trocken sein, wenn es sich mit dem Grill trifft (also mit Papier-Handtuechern oder aehnlich abtupfen). Die maximale Dicke eines Steaks sollte 1-1/2 inch (etwa 4 cm) sein. Dickere Steaks sollte man halb durchschneiden. Das Steak verbindet sich sofort mit dem Grill, d.h. es laesst sich einige Zeit nicht mehr ohne “Abreissen” vom Grill loesen.

Den Wink “den Rost vor dem Grillen einfetten, um das “Anbacken“ des Grillgutes zu vermeiden.” darf man ruhig ausfuehren oder einfach ignorieren. Ein Steak loest sich naemlich von selbst vom Grill, wenn es auf einer Seite “fertig” ist. Dann kann man es mit einem “spatula” (Grill-Spachtel) oder einer “zahnlosen” Grill-Zange leicht vom Grill loesen und drehen. Dieses erste “Anheften” des Steaks gibt ihm seine Textur, die braunen Streifen, die ein gegrilltes Steak identifizieren und den Griller als “Meister” beweisen!

Ein Aufflammen von Feuer beim “barbequeing” ist Zeichen eines unsachgemaess beschnittenen Steaks. Mit anderen Worten, nich genuegend Fett wurde entfernt und leckt daher in die Flammen. Ein sachgemaess beschnittenes Steak bringt keinen “flame-up” mit sich. Sollte es trotzdem passieren, das Steak schnellstens aus der Gefahrenzone heraus bringen und die Fett-Flamme mit Wasser bespruehen.

Ein Steak beim Umdrehen mit einer Gabel aufzuspiessen ist barbarisch, zerstoert die versiegelten Poren und laesst den Saft auslaufen. Ein teures Steak vor dem Grillen mit Sosse zu bestreichen kann dazu fuehren, dass die Sossenschicht verbrennt, bevor das Steak fertig ist. Erst beim letzten Umdrehen sollte man daher nur die Oberseite mit Barbeque-Sosse bestreichen. Besser noch ist es, die Sossen auf den Esstisch zu stellen, sodass sich jeder seine Lieblings-Sosse selbst aussuchen und auftragen kann.

Das Testen auf die Festigkeit eines Steaks ist Erfahrungs-Sache. Man hat die Wahl zwischen “rare” (also sehr rot drinnen), “medium rare” (etwas weniger rot), “medium” (rosa, nicht mehr rot) oder “well done” (absolut kein rosa sondern nur braun zu sehen). Man kann das durch einen kurzen Druck mit dem Finger (autsch!) oder mit dem Spachtel auf das Steak “fuehlen” oder eben durch einen kleinen Schnitt mit einem scharfen Messer visuell feststellen. Mein “Werkzeug” hat eine kleine Messerschneide zu diesem Zweck (aber nur auf der Steak-Oberseite anwenden, sonst laeuft wieder Saft ab!). “Grill-Thermometer” sind eigentlich nicht fuer Steaks geeignet, sondern nur fuer dicke “Roasts”.

Die besten Rippen der Welt:

Das Grillen von Schweine-Rippen ist eine Spezialitaet meiner Frau (neben den besten “Hamburgers” der Welt). Sie kauft dafuer nur die “back ribs”, zwei “racks” mit 13 bis 16 Knochen, etwa 16 inches (40 cm) lang und 5 inches (12 cm) breit. Mit ihrer Erlaubnis darf ich nun ihr Geheim-Rezept heraus geben. Die Rippen werden uebernacht in einer grossen, mit Alu-Folie ueberdeckten Stahlschuessel in Bier mariniert. Das Bier muss die Rippen total bedecken. Dann gehen Rippen (immer noch in der Stahlschuessel und Bier-Marinade) 1-1/2 bis 2 Stunden zum Kochen bei 300 Grad Fahrenheit (150 Grad Celsius) auf das zugedeckte Grill. Erst nach dem Kochen gehen die mit einem Papierhandtuch trocken getupften Rippen auf das Grill. Kurz vor dem Abnehmen werden sie dann reichlich mit Barbeque-Sosse bestrichen und in kleinere Portionen zum Servieren aufgeteilt. Rippen sind allerdings wegen ihrer kurvigen Form schlecht auf dem Grill zu kontrollieren, also landen sie bei uns meistens im Ofen, wo sie fertig geroestet werden. In diesem Fall ist es also kein “Grillen”, sondern sie werden gekocht und geroestet. Rippen sind natuerlich “finger food”, also reichlich Servietten bereit halten.

Zuletzt noch etwas ueber die Entwicklung der Barbeque-Geraete in den letzten 50 Jahren:

Als wir in 1954 in Kanada ankamen, benutzte man nur Holzkohle fuer Barbeques. Etwas spaeter kamen die “Charcoal Briquettes” auf den Markt. Sie wurden aus Kohle-Abfaellen gepresst, genau wie die deutschen Braunkohle-Briketts der Nachkriegszeit. Zum Anzuenden brauchte man gewoehnlich einen “Barbequue-Lighter”, eine Petroleum-basierte Fluessigkeit mit einem scheusslichen Petroleum-Geruch, dazu noch erheblichen karzinogenen Eigenschaften.

Irgendwann in den letzten 20 oder 30 Jahren uebernahm dann Propan-Gas die Rolle des Treibstoffs fuer Barbeques. Die “Charcoal Briquettes” verschwanden, und das war gut, denn sie wurden ebenfalls als krebserregend identifiziert. Die Puristen verwenden sie allerdings noch immer, weil sie beim Grillen die hoechsten Temperaturen entwickeln.

Wir brauchten Jahrzehnte lang Stahlgrills, aber nach einiger Zeit haben diese die Angewohnheit zu rosten (das deutsche Wort “Rost” fuer das Grill ist vielleicht nur Zufall). Teflon-Grills sind nicht ratsam, denn sie gefaehrden scheinbar durch Loesung ihrer Beschichtung in hohen Temperaturen die Gesundheit. Seit mehreren Jahren benutzen wir Grills, die mit Keramik beschichtet sind. Leicht zu saeubern, ohne jeglichen Rost-Ansatz.

Es gibt noch einige andere Methoden des Grillens, so z.B. den japanischen “Hibachi”, den wir auch jahrelang im Garten und auf Camping Trips benutzt haben. Dann haben wir noch unseren “Raclette-Grill”, der eine elektrisch erhitzte Steinplatte hat, auf der man an kalten Wintertagen am Esstisch kleinere Stuecke Fleisch und anderes “grillen” (eigentlich kochen) kann. Ziemlich regelmaessig benutzen wir auch einen kleinen elektrischen “Klapp-Grill”, um schnell ein Stueck Fleisch oder ein “Reuben Sandwich” zu “grillen” (eigentlich roesten).

Peter Iden
Brampton, Ontario, Kanada

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3 Kommentare

Peter Iden 9. Juni 2010 - 15:24

Well, Pat, there is hardly any need of over-emphasizing the american way of life. Europeans have accepted it with open arms for at least a century, and today’s youth has done so more than ever before. But even if I look back only 60 or 60 years (which is easy for me to do at my age), I saw the emergence of the German Country Music Bands (some of which are very good), the “Western Riding Ranches”, the many “Native Indian Clubs” (with their pathetic Pow-Wows in German) and all the many other aspects of North-American life and language which have spread not only to Europe but to many other countries in the world. There must be something about the freedom of living your life unbound by the “traditions” and dictated social behaviour treasured by so many in Europe. But I have yet to eat a well barbecued steak over there, in spite of the frequently praised culinary abilities of the Europeans. And believe me, I know what good food is all about, having worked in the culinary food business and being married to the best cook in the world. Have a good day.

Antworten
Pat Geering 9. Juni 2010 - 09:04

Well, another page which over emphasizes the american way of life. Barbequeing doesn’t have a great tradition in many european coutnries because we have a great tradition of cooking. However, in the past decades, barbequeing has become popular in the summer time. And it doesn’t take ages to do something well if you know the basics of good cooking. We love what we do, if you don’t like it, tough luck.
So keep on believing that you’re the best, the rest of the world knows better. And keep your insults to foreign cultures where they belong: in the *** house, and not a web site. With greatings from the old continent.

Antworten
Craig Crandall 6. Juni 2010 - 13:36

Peter the Great! Thanks for imparting your tremendous know-how to those in Europe seeking Nirvana. As a Vermonter who’s lived in Switzerland since 1972, I’ve carried the barbequeing crusade to the Continent in the footsteps of your uncle. Very few people ask me, “How did you do it?” But most of them say, “Yumm!”

Best regards,

Craig

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