Separatismus in Kanada

von Peter Iden

“Separatismus” in Kanada wird heute hauptsaechlich auf drei Fraktionen innerhalb der Provinz Quebec zurueck gefuehrt: die Terroristen der der FLQ (Federation de Liberation de Quebec), sowie die politischen Parteien, den “Bloc Quebecois” und die darauf folgende “Parti Quebecois” (PQ). Die unterliegenden Gruende gehen natuerlich viel weiter zurueck, und zwar auf den Verlust der franzoesischen Kolonie Kanada an Grossbritannien, eine Tatsache, die viele Franzoesisch-Kanadier niemals ueberwunden haben.

Kanada’s erste Konfrontation mit dem Separatismus kam jedoch nur ein Jahr nachdem die “Confederation of Canada”, das Buendnis der Provinzen fuer ein vereinigtes Kanada, in 1867 geboren wurde.

John Howe, ein ehemaliger Premier von Neu-Schottland (von 1861 bis 1863) und ein Geschaeftsmann, der durch das Buendnis der Provinzen sehr viel verloren haette (er stand fest im Geschaeft mit britischen Firmen und dem Koenigshaus), sprach sich gegen die Mitgliedschaft von Nova Scotia in der Confederation aus. Verstaendlich auch insofern, weil die meisten Siedler der Provinz britischen Ursprungs waren, und die franzoesisch orientierten “Acadians” zwar wieder in die Provinz zurueck gekehrt waren, aber nur sehr untergeordnete und keine einflussreichen politischen Positionen hatten.

Der Prime Minister of Great Britain, Benjamin Disraeli, wollte den Wunsch von John Howe nicht anerkennen. Das war kaum ueberraschend, denn Disraeli war einer der Autoren des “British North America Act”, der das “Dominion of Canada” kreierte. Der BNA enthielt die Regeln fuer die Regierung der neuen Nation Kanada und ist das Grund-Dokument fuer die kanadische Verfassung. Der BNA wurde auf der “Quebec Conference” in 1864 von Kanadiern praesentiert und ohne Aenderungen vom Britischen Parlament in 1867 anerkannt.

Nachdem John Howe seine Bemuehungen als sinnlos einsah, trat er in das Kabinett von Prime Minister John Alexander Macdonald ein und wurde Praesident des “Council”, spaeter Staats-Sekretaer. Seine Bemuehungen fuer ein nur von Grossbritannien abhaengendes “Territorium” Nova Scotia musste er jedoch waehrend seiner Zeit in Ottawa aufgeben. Er starb nur drei Wochen nachdem er von der damaligen britischen Regierung als “Lieutenant Governor von Nova Scotia” eingesetzt wurde.

Newfoundland war weitaus erfolgreicher, sich aus dem Buendnis der Provinzen fern zu halten und wurde erst 82 Jahre spaeter (in 1949) ein Teil der “Canadian Federation”, allerdings nicht aus separatistischen Gruenden, sondern hauptsaechlich aus Gruenden seiner oekonomisch nicht haltbaren Situation.

In 1982 wurde der BNA auf den “Constitution Act, 1867” umgetauft und von dem damaligen Premier-Minister Pierre Elliott Trudeau nach Kanada zurueck gebracht. Das heisst das Kanada und nicht Grossbritannien nun fuer die Verfassung des Landes verantwortlich wurde. Nur die Regierung von Quebec stimmte gegen diese “Repatriation”.

In den letzten Jahren sind auch Stimmen laut geworden, die einen Separatismus fuer Alberta sowie auch British Columbia anstreben. Alberta ist die “abtruennige” Provinz in Kanada. Die Provinz ist stolz auf ihre Bodenschaetze – vorwiegend Oel – und ist die einzige Provinz, in der keine Provinzial-Steuern gezahlt werden.

Theoretisch gesehen leben die Albertaner und ihre Regierung ausserhalb des Buendnisses der Provinzen. Nach kanadischem Gesetz gehoeren die Bodenschaetze des Landes allen Kanadiern (uebersetzt natuerlich als der “Regierung von Kanada”). So war es auch zuerst bestimmt worden, aber politische Manipulationen aenderten das am Anfang des 20. Jahrhunderts.

Zwar zahlen die Albertaner die Bundes-Steuer, die GST (Mehrwertsteuer), aber der Rest von Kanada wundert sich natuerlich, warum sie keine provinziellen Steuern bezahlen. Das ist eine Sache jeder einzelnen Provinz, aber der Grund fuer die Abwesenheit von PST ist natuerlich der Oel-Reichtum der Provinz, der nach dem kanadischen Gesetz immer noch allen Kanadiern gehoert. Mit anderen Worten: Newfoundland ist die aermste Provinz in Kanada, bekommt jedoch nur einen minimalen Teil des Reichtums von Alberta durch “Ausgleichs-Zahlungen” von Ottawa.

Auch politisch stand und steht Alberta oft (meistens) ausserhalb des “main stream” in Kanada und so wurden im letzten Jahrhundert dort auch mehrmals “links lehnende” Parteien gewaehlt, wie die “United Farmers of Alberta” Partei von 1921 bis 1935; die “Social Credit Party of Alberta” von 1935 bis 1971, und danach (bis heute) die Original “Alberta Progressive Conservative” Partei, die allerdings, nachdem ihre politische Plattform nur fuer den Westen interessant war, diese erheblich aendern musste und dadurch zu einer der zwei fuehrenden Parteien in Kanada wurde (die Liberalen sind die andere). Auch die soziale NDP (New Democratic Party) hatte ihren Ursprung im Westen, und zwar in Saskatchewan.

Ebenso hatte die “Green Party” ihre Wurzeln im Westen als “Auswuchs” des “Sierra Club” of the United States, obwohl ihre augenblickliche Fuehrerin Elizabeth May, urspruenglich Amerikanerin aus Hartford, Connecticut ist, in Nova Scotia aufwuchs und studierte.

Nur die “Liberal Party” und die “Communist Party” haben ihren Ursprung im Osten. Die Liberale Partei entsprang aus der radikalen “Pre-Confederation” von British North-America (heute Ontario und Quebec) sowie Nova Scotia und New Brunswick Es dauerte allerdings 29 Jahre, bevor die Liberalen in 1896 das erste Mal an die Regierung in Kanada kamen.

Die Kommunistische Partei ist die einzige der heute aktiven Parteien (abgesehen von einigen winzigen Fraktionen), die ihren Ursprung nur in Ontario hatte, jedoch eigenartigerweise nicht im industriellen Teil der Provinz (Toronto, Hamilton usw.), sondern im landwirtschaftlich orientierten Guelph (1921).

Separatismus passt heute nicht mehr in das multi-kulturelle Gefuege von Kanada. Die Separatisten in Quebec wollten den franzoesischen Charakter der Provinz vor dem Einfluss der englischen Sprache und Kultur durch eine Abtrennung von dem kanadischen Buendnis bewahren, aber es gelang ihnen nicht, und weitere Versuche werden auch in Zukunft scheitern.

Inzwischen sind die “Flaggen-Aktivisten” wieder aktiv. Sie wollen die rot-weisse Flagge auf rot-blau-weiss umaendern. Sie meinen dass die englische sowie auch die franzoesische diese Farben hat, und das dadurch die Einigkeit gefoerdert wird. Ein Argument, welches weit zu spaet aufgebracht wurde.

Peter Iden
Brampton, Ontario, Kanada

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