Unimog Abenteuer in Canada: Labrador

von Stefan Dr. Kelbch

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Nach 90 Minuten Fähre von St. Barbe nach Blanc Sablon (Quebec)  rollen SUMO‘s Räder auf das Festland (23. Mai 2016). Nach 500 m verlassen wir Quebec und sind in Labrador.

Auf unserem Weg entlang des Southern Labrador Highways, biegen wir bei L’Anse Amour zu dem kleinen Point Amour Lighthouse-Museum ab. Natürlich „Closed…“ ?
Halt, da ist eine Tür offen, und nicht nur dieselbe:  Das Museum hat den ersten Tag geöffnet, wir sind unter den ersten Besuchern.

Wir erfahren viel über den Leuchtturm-Bau und seine Keeper  (Diesmal eine Wyatt Sippe. Ein Wyatt hat diesen Job 44 Jahre gemacht!). Der Leuchtturm ist noch heute in Betrieb. Natürlich nicht mehr mit Petroleum-Lampen sondern elektrisch. Elke beißt die Zähne zusammen und ersteigt auch die 128 Stufen bis zur Lampe des Leuchtturms. Nur 500W Birnen und die hohe exponierte Lage reichen, um mit Fresnellinse km-weit über das Meer zu leuchten. Wieder eine nett gemachte, kleine, lokale „Historical Site“. Jetzt reicht es auch langsam mit den Leuchttürmen…


Unser nächstes Ziel ist ein FREE WIFI Point. Wir finden ihn im Town Center von L‘Anse au Loup, aber natürlich „Closed for… Victoria Day“. Heute wird der Geburtstag von Queen Victoria gefeiert. Vor der geschlossenen Eingangstür empfangen wir jedoch das freie WLAN Netz und können im Stehen Emails abrufen und die diversen Messenger benutzen.  Jetzt noch weiter zum Pinware River Provincial Park. Wie vermutet, „Closed for (genau!)“. Also müssen wir uns irgendwo in der Wildnis einen Stellplatz suchen. Nach einem Fehlversuch, nehmen wir spontan einen kleinen Seitenweg , der auf den alten, aufgelassenen Highway führt (landslide). Dort bleiben wir für die Nacht.

Das Rauschen des Wildbachs hat uns einen guten Schlaf beschert, so dass wir schon um halb sechs am frühstücken sind. Wir haben unsere Uhren schon auf Happy Valley Goose Bay – Zeit umgestellt. Dies ist die dritte Zeitzone, durch die wir fahren (Nova Scotia: -5h, Newfoundland: -4:30h, Labrador: – 4h).
Zunächst geht es nach Red Bay. In der Town Hall haben wir Glück, offen. Die anwesende Dame bestätigt uns, dass es hier free WIFI gibt, der Zugang war jedoch gesichert und sie kennt das Passwort nicht. Nachdem sie einige Minuten vergeblich nach dem Passwort sucht, wird es mir zu dumm und ich habe das Passwort „gehackt“. Naja, erraten: redbay123 war ja auch  nicht sooo schwierig…
Es gibt auch ein kleines Museum, die „Right Whale Exhibit“ mit Infos über Wale und Walfang (ab 1500 AD). Draußen weht ein eisiger Wind, 7 Grad, bei strahlend blauem Himmel. Zwischenzeitlich ziehen sogar Nebelschwaden in die Bucht. Danach wird es ernst. 544 km Gravel Road des Trans Labrador Highways (TLH) liegen vor uns, durch fast unbewohnte Wildnis. Noch mal alle Tanks voll gemacht, eine wenig einkaufen und bei Country Music geht es auf die Piste. Der Gravel-TLH fährt sich besser als manche Alphaltpiste, die wir bisher unter die Räder genommen haben –speziell in Newfoundland.
Der Trick heißt: >80 km/h. 70 sind zwar nur erlaubt, aber bei über 80 spürt man die Washboard-Strukturen und Potholes am wenigsten. Man fliegt quasi von Loch zu Loch. Da es noch früh im Jahr ist, sind die „Grader“ noch nicht lange vorher aktiv gewesen.  Smooth ride.
Unterwegs einige Foto-Stopps und ein kleines Picknick.

Wir genießen die endlose Wildnis, die an uns vorüberzieht. Einige Seen sind noch zugefroren.
Wir fahren zügig weiter und dann passiert etwas Eigenartiges: unsere Thermometer spielen verrückt. Die Innentemperatur steigt auf 30 Grad,  draußen werden 27 Grad angezeigt. Das kann doch gar nicht sein! Klimaanlage wird eingeschaltet. Beim nächsten Stopp fühlen wir draußen, dass unsere Technik doch nicht versagt hat. Hier im Landesinneren ist es heute tatsächlich 27 Grad Celsius warm! Nach 7 °C heute Morgen. Strange.

Gelegentlich begegnen uns Fahrzeuge, oft dicke Trucks. Sie sind schon meilenweit vorher an ihrer Staubfahne erkennbar.
Ab 15:30 Uhr beginnen wir nach möglichen Stellplätzen Ausschau zu halten. Das gestaltet sich schwierig. Der TLH ist ein hoher Damm, von dem keine Wege abgehen. Nur ab und zu eine aufgeschüttete Fläche vom früheren Straßenbau direkt neben dem TLH. Nicht schön. Aber irgendwann finden wir einen Weg links ab (km 305). Er führt zu einem Steinbruch, wo Schotter für die Gravelroad hergestellt wird. Zwischen Schotterhalden wollen wir nicht stehen, aber neben der Zufahrt zum Steinbruch finden wir ein nettes Plätzchen neben einem alten Schulbus, der bewohnt erscheint. Erinnerungen an den Film/das Buch „Into the Wild“ kommen auf.  Campingtisch und Stühle raus und wir genießen den ersten, richtig warmen  Abend im Sonnenschein draußen. Elke trägt hot pants und string top. Keine Blackflies, keine Moskitos.

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Camping „Into  the Wild“

Tag drauf, Früh los, damit wir nicht zu spät in Happy Valley- Goose Bay (HVGB) sind. Zum Frühstück draußen war es dann doch zu frisch, nur noch 8 Grad – nach 27 Grad gestern.
Ich glühe schon den Dieselmotor vor (ja, das gibt es noch, bei RICHTIGEN Motorfahrzeugen, nicht wie bei den neumodischen Dieselfahrzeugen heutzutage, die per Knopfdruck oder mit „Hey Siri!“ gestartet werden ;-). Da bedeutet mir Elke „Stopp, da stimmt was nicht“. Tatsächlich, unsere 4 Arbeitsscheinwerfer zeigen Gravelroad-Schwund. 3 (Justier-)Schrauben mit denen die Scheinwerfer normalerweise befestigt waren, sind weg. Ein Scheinwerfer hängt nur noch am Kabel, wurde aber glücklicherweise vom Kuhfänger, eeh… Elchfänger gehalten. Also erste Feldreparatur. Um an Werkzeug und Ersatzteile ran zu kommen, muss unsere gesamte Vorratskiste unter einer Sitzbank leergeräumt werden. Was man sucht und braucht ist IMMER ganz unten. Nach einigem Gesuche und Bau einer Haltevorrichtung für den Elchfänger aus rein natürlichen Materialien ohne Konservierungsstoffe (Holzkloben) geht es mit der Reparatur voran. Etwas trickig das Ganze, aber bald waren alle Scheinwerfer wieder bombenfest. Nun wieder klar Schiff machen.
Mit zwei Stunden Verspätung geht es endlich auf die Piste. Ich erhöhe die Geschwindigkeit auf 85-90 km/h. Geht immer noch gut auf dem sehr ordentlichen Gravel. Stundenlang zieht die Wildnis mit endlosen, borealen Wäldern, Seen, Schneeflecken und gelegentlich einem Grader, auch Straßenhobel genannt, an uns vorbei. Kein einziges Tier, außer Squirrels.

Nach über 600 km TLH erreichen wir HVGB. Erst mal zur Tourist Info. Wo sind Foodmarket, Laundromat und Hotels?

HOTEL??? Tja, erstens war unbedingt mal wieder eine heiße Dusche fällig, zweitens haben sich die Temperaturen seit gestern geringfügig nach unten bewegt (4°C um 15 Uhr in HVGB mit Nieselregen), der RV Campingplatz hat zu und wir haben schon vor ein paar Tagen beschlossen, uns einmal im Monat ein festes, unbewegliches Dach zu gönnen. Also gleich bei der Info das letzte Zimmer gebucht. Nach waschen und trocknen unserer Klamotten fahren wir zum Hotel North II und beziehen unser Zimmer. Schön warm, Betten sind 140 cm  breit, aber für jeden eines! Etwas breiter als die 80 cm mit denen wir sonst vorlieb nehmen müssen. Nach leckerem Abendessen bei „Jungle Jim’s“  geht es aufs Zimmer, um das „free WIFI“ auszunutzen.

In der Nacht hat es geschneit! Ca. 2-3 cm Schnee liegt auf den Fahrzeugen. Temperatur 1°C. Nach dem Check-Out kurz vor acht Uhr haben wir ein Frühstück verdient. Bei Tim Horton „laben“ wir uns. Frisch gestärkt und aufgetankt. In solchen einsamen Gegenden wie hier, tankt man bei jeder der seltenen Möglichkeiten voll, es kann immer sein, dass die nächste Tanke zu ist, oder mal gerade keinen Diesel hat – Australien lässt grüßen, da ist uns genau das passiert. Es geht wieder auf die nun hervorragend asphaltierte Piste in Richtung Churchill Falls (ca. 300 km).
An einem reißenden Fluss stehen ein paar einsame Jagdhütten. Eine bot sogar noch einen Schluck Whisky an… (bottle inside)

Als ich mich wieder mal bei der Landschaft darüber beschwere, dass es hier in Labrador überhaupt kein Wild zu sehen gibt, hat irgendjemand mitgehört. Nur 5 Minuten nach  meiner Tirade sehen wir einen  Schwarzbären am Wegesrand. Und noch 5 Minuten drauf, läuft uns ein Wolf über den Weg.  Thank you, listener!
Wenig später fahren wir in Churchill Falls (CF) ein. Ein reines „Company Settlement“ der Elektrizitätsfirma „Nalcor“, der das 5,5 GW unterirdische Wasserkraftwerk von Churchill Falls gehört (zweitgrößtes in Canada). Erst noch mal getankt, dann nach Besichtigungstour für das Kraftwerk gefragt. Wir haben Glück und springen auf einer gerade gestarteten Tour auf. Zusammen mit drei jungen Kanadiern erfahren wir alles über das Kraftwerk (15 Stockwerke hoch!) und den Ort CF. Ein Film, eine Besichtigung der Transformatoren-Alley und des „Power House“ und eine kleine Tour durch den Ort sind Bestandteile der Tour.

Es ist schon wieder 16 Uhr als wir CF verlassen. Einige km weiter biegen wir zu den Reservoir-Dämmen ab. Sie sind befahrbar. Wir haben eine grandiose Aussicht auf das noch zugefrorene Reservoir und finden direkt am See einen wunderschönen Stellplatz.

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SUMO „on the rocks“

Die Nacht war kalt (morgens 2°C), aber es sieht nach einem ganz schönen Tag aus. Wir fahren vom Damm herunter und durch den Wald wieder auf den TLH. Labrador City (LC) ist unser nächstes Ziel. Die Landschaft zieht drei Stunden an uns vorüber. Elke nickt immer wieder mal ein. Es gibt außer Seen und Wäldern, gerne auch mal verbrannt, und dem Band aus Asphalt (seit HV-GB kein Gravel mehr!) voraus, nichts zu sehen. Wieder kein Wildlife, Meckern hat diesmal nicht geholfen. In LC erst mal in der Mall ein paar Lebensmittel eingekauft und spontan entschlossen , hier auch Mittag zu essen. Tim Horten bietet uns außer Kaffee und Nachtisch auch freies WIFI.
20 km hinter LC erreichen wir die Grenze zu Québec. Es regnet. So viel  zur Wetter-Tagesprognose.

Stefan & Elke

(weiter mit der Etappe Québec)

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