Unimog Abenteuer in Canada: Ontario

von Stefan Dr. Kelbch

Niagara FälleUni-Ont.1

05. Juni 2016

Kurz hinter Notre-Dame-du-Nord (Québec) erreichen wir die Grenze zu Ontario.

No more french, just plain english from now on…
Endlich wieder englischsprachige Eingeborene. Elke ist froh, nun nicht mehr alle Details zu SUMO auf Französisch erklären zu müssen. Es regnet aber auch jenseits der Grenze. Wir beschließen noch eine Stunde weiter zu fahren, bis zum Finlayson Point Provincial Park. Dort haben wir wieder ein schönes Plätzchen direkt am See.  Sehr ordentliche Duschen gibt es hier auch. Oft sieht man Wasserflugzeuge. Ein gebräuchliches Verkehrsmittel in diesen Breiten. Draußen ist es kühl und nass, also mal wieder Zeit für ein kleines Filmchen.

Fahren, fahren, fahren – in Richtung Süden. Nach Regen am Vormittag wird es gegen Mittag besser. Am French River gibt es ein kleines Museum über den Wasserweg und den Pelzhandel, der denselben als Verbindung zwischen dem Lake Nipissing und der George Bay, einem Teil des Lake Huron, nutzte. In den Zeiten des Pelzhandels (17.-19. Jahrhundert) wurden von Montreal aus Tauschwaren mit großen Lastkanus bis nach Grand Portage (GP, in der Nähe von Thunderbay) transportiert.


Der French River. Man glaubt ganz hinten noch fast die Lastkanus zu sehen… Die Gesänge der Voyageurs klingen schwach herüber.. „Alouette, gentille Alouette…“
Die Reise der Voyageurs ging über den Ottawa River, den Lake Nipissing, den Lake Huron und den Lake Superior nach GP und von dort mit (Biber-)Fellen wieder gen Osten nach Montreal. Ab GP übernahmen kleinere Kanus den Weitertransport in den fernen Westen.

Einen kurzen Halt legen wir in Wasaga Beach ein, „The longest fresh water beach in the world“ lautet hier der lokale Superlativ. Ein reiner Touri-Ort, mit allem was dazu gehört, sogar gesalzenen Preisen für die Parkplätze. SUMO weigert sich dafür zu latzen. Schnell wieder raus hier.

Eine halbe Stunde später finden wir einen wunderschönen Stellplatz im Craighleith Provincial Park direkt am Meeres- äh… Seeufer der Georgian Bay. Die Wellen geben sich aber Mühe wie Meereswellen auszusehen und zu klingen.  Wir werden bei „Seerauschen“ schlafen. Wir schaffen es gerade so unser Abendessen zu grillen und zu verdrücken und alles wieder zu verpacken, bevor ein kleines Gewittertief durchzieht.

Den Niagarafällen entgegen. Aber auf kleinsten Landstraßen. Alles Privatland hier, viele Farmen. Unterwegs einmal Kaffee trinken und ein Pipi-Notstopp bei McDoof mit Burger. Endlich kommen wir in Niagara Falls an. Es dauert etwas, bis wir den richtigen Parkplatz finden und wir werden dann – wie alle anderen Touris – mit $ 18 Parkgebühr ordentlich abgezockt. Auf dem Parkplatz treffen wir Minnie und Gerhard wieder, die wir schon auf der Gaspé Halbinsel beim Bunker getroffen hatten. Kurzer Erfahrungsaustausch und dann ab zu den Fällen.
Touris aus aller Herren Länder umschwärmen die Wasserfälle, die trotzdem grandios anzusehen sind.
Wir schrecken nicht davor zurück, die obligatorische Fahrt mit dem Schiff bis ran in die Gischt der Fälle zu machen. Muss auch mal sein. Man wird richtig nass.

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Elke fotografiert sich die Finger wund. Gegen 18 Uhr dann raus aus der Stadt und Suche nach einem Campingplatz am Erie See. Wir werden fündig am Sherkston Shores Park Campground. Da es schon spät ist, hat die Rezeption schon zu, aber ein netter Security Guard lässt uns rein und kostenlos für eine Nacht stehen.

Heute mal faul. Ohne Frühstück los und im nächsten Ort in einem kleinen „Family Restaurant“ zünftig gefrühstückt, Eier für mich und Blaubeerpfannkuchen für Elke. Würden wir jeden Morgen so opulent frühstücken, bekäme ich Angst um die maximal zulässige  Gesamtlast von SUMO…
Eine kleine Straße führt an der Nordküste des Erie Sees entlang, wo wir aus Reminiszenz-Gründen anhalten und zum Strand laufen. Elke hat in der 4. Klasse mal das Gedicht „John Maynard“ von Theodor Fontane auswendig gelernt – es geht um eine heroische Schiffshavarie auf dem See. Da musste der Abstecher zum See sein!
Unser heutiges Ziel ist der „Long Point Provincial Park“, wo wir gegen Mittag schon eintreffen und uns einen faulen Nachmittag machen. Endlich: das erste Lagerfeuer (Ergebnis: Smoked German).

Wir können erst morgen Nachmittag bei unserer Freundin Debbie in Michigan aufkreuzen. Wir machen uns über die leckeren, lokalen Erdbeeren her, die wir unterwegs in einem Bauernladen gekauft haben. Der Abstecher nach Michigan war schön, hat aber mit Canada nichts zu tun und wird  daher nicht weiter erwähnt.

  1. Juni 2016

Nur noch wenige km – nein, hier heißt es noch miles, bis zur Brücke nach Sault St. Marie und zur kanadischen Grenze. $6 für die Brücke und ein paar wenige Antworten für den Grenzer und wir sind wieder in Canada. Viel einfacher als in die USA zu kommen. Jetzt geht es immer in Richtung Thunder Bay (ca. 700 km). Unterwegs einige Stopps an „scenic lookout’s“. Bald erreichen wir den „Lake Superior Provincial Park“.  Im Visitor Center holen wir uns Tipps für „things-to-see“ und Wandertrails, beides ist immer miteinander verknüpft. Eine „day use fee“ wird auch noch fällig – für die Benutzung der Trails! Hier kostet bald wohl auch noch das Atmen Dollars. Da das Wetter wieder gegen spitzenmäßig tendiert und die Gegend wunderschön ist, kommt der Gedanke auf, unsere Monatsregel vielleicht hier anzuwenden. Ein Mal im Monat wollen wir in eine Lodge oder ein Hotel gehen. Die nette Lady im Visitor Center bestätigt meine ersten Googeleien: Die Rock Island Lodge ist eine familiäre Naturlodge/Paddling Center, genau das richtige um mal einen Tag auszuspannen und etwas den See zu erpaddeln. Wir  beschließen mal nicht auf die $ zu schauen, rufen an und reservieren.
Doch vorher wartet die Provincial Park Pflicht: Als erstes laufen wir zu den „Agawa Rock Pictographs“, 400 Jahre alten indianischen Felsmalereien. Der Weg dorthin verlangt einiges an Felskraxeleien. Bloß kein falscher Schritt, sonst rutscht man ab in den See!
Dann warten die Sand River Falls auf uns, Wasserfälle und Rapids.

Ein wunderschönen Hike machen wir am „Trappers Lake“. Ein Rundweg um den kleinen abgelegenen See soll – nach dem Tipp der Parkranger-Lady – die Möglichkeit, bieten, mit Wildlife in Kontakt zu treten. Langsam und möglichst leise schleichen wir den Trail entlang. Viele Fotospots.

Trapper LakeUni-Ont2

Und dann plötzlich: FREEZE! Vor uns ist ein Elch im Gebüsch. Leider hat er uns auch bemerkt und wartet nicht auf den besten Fotomoment. Er verzieht sich langsam in die Büsche. Immerhin, die Ranger-Lady hatte recht!
Überall Spuren eines fleißigen Bibers, die Biberburg ist auf einer kleinen Insel. Mr. Beaver selbst zeigt sich aber nicht.
Auch die Reste einer alten Blockhütte finden wir, zusammen mit ein paar Überbleibseln des alten Trappers (Töpfe und Ofenteile, keine Knochen!).
Das war ein sehr feiner Rundweg.

Etwas weiter noch ein Stopp an der „Old Woman Bay“ mit wunderschönem Strand.
Dann fahren wir zu unserer Lodge. Wir haben ein schönes Zimmer, B&B, alles ist sehr familiär hier, wir können auch am Abendessen teilnehmen.  Eine Riesenschüssel mit Erbeeren lädt zum Naschen ein. Eine Gruppe junger Staffanwärter ist gerade zur Ausbildung hier, morgen gehen sie auf Kajaktour.  Wir müssen viel erzählen.

Heute ist Paddeltag.  Als erstes nehmen wir uns ein Kanu und paddeln den Michipicoten River aufwärts.
Nach einer kleinen Ruhepause in der Sonne unter strahlend blauem Himmel geht Elke zum SUP.
Stand Up Paddling:  man nehme ein altes Surfbrett, ein extra langes Paddel und fertig ist die neue Mode-Sportart.
Man braucht aber einiges an Balance. Aber Elke meistert das souverän. Die Windsurf-Zeiten sind ja erst 30 Jahre her…

Nach einem leckeren Frühstück (Pfannkuchen)  verabschieden wir uns von dem Besitzer und den Mit-Gästen, mit denen wir gestern Abend noch lange geklönt hatten und schwingen uns wieder auf den TCH.
Wichtigster nächster Halt ist White River. Hier fand eine der bekanntesten Buch- und Comic-Figur für Kinder ihren Anfang. Diese ist hier mit einer Statue verewigt. White River ist „Home of Winnie the Pooh“!

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Die Story:
Ein kanadischer Soldat aus Winnipeg hat hier 1914 auf seinem Weg nach London einem Trapper aus White River ein Schwarzbärenjunges  abgekauft. Er nannte den Bären Winnipeg.  Als er von London nach Frankreich abkommandiert wurde, vermachte er den Bären dem Londoner Zoo. Dort wurde er eines der beliebtesten Zootiere. Auch Christopher und sein Vater, der spätere Autor des Buches „Winnie the Pooh“  gehörte zu den Zoobesuchern. Aus der Liebe von Christopher zu dem Bären, der mittlerweile Winnie genannt wurde, entstand das Kinderbuch.
Nach ausgiebigen Kotaus vor diesem einmaligen Monument der Literaturgeschichte, geht es weiter bis Marathon. Keine Spartaner hier, aber viele Indianer – leider heutzutage nicht mehr so kämpferisch wie damals. Ein Ojibwa vom lokalen Stamm bewundert unseren Truck und wir kommen ins Gespräch. Er lebt tatsächlich noch als Trapper und Fallensteller, spricht perfekt den lokalen Ojibwa-Dialekt, hält die Traditionen hoch und bedauert viele seiner Stammesgenossen, die nur von Sozialhilfe und Alkohol leben. Er selbst hat dem Feuerwasser mit 17 Jahren abgeschworen.
Kurz werden wir auch noch von einem deutschen Prospektor angesprochen, der seit vielen Jahrzehnten schon die Gegend um den Lake Superior nach Gold, Diamanten und Mineralien absucht – mit Erfolg.
Nach Einkaufen und Kaffepause geht es weiter bis Terrace Bay, wo wir einen sehr schönen Camp-Platz direkt am See finden. Von dort laufen wir einen 5 km Trail zu den Aguasabon Falls & Gorge. Beeindruckende Fälle mit Schlucht.
Abendessen am Strand, 3 m vom Ufer des Lake Superior. Zwei Personen sehen sich unseren Unimog an, wir winken sie herbei. Es sind Deutsche, die gerade mit ihrem IVECO-Womo angekommen sind. Wie sich herausstellt,  ehemalige Unimog Womo Fahrer (404, 416 Typen), die jetzt auf den Iveco umgestiegen sind. Es gibt viel zu fachsimpeln, bis uns der Nieselregen in die Wohnkabinen treibt.

Nach ruhiger Nacht zu dritt (ein Pickupcamper hatte sich auch noch dazugesellt) wenden wir uns wieder gen Westen, Richtung Thunderbay. Dort angekommen, erst mal bei Safeway einkaufen und bei Starbucks sauteuren Kaffee trinken, lecker aber doppelt so teuer wie bei Tim Hortons. Dann noch tanken und nach Fort William (FW) fahren. Hier wurde ein altes Fort von 1815 vollständig rekonstruiert. FW war der Hauptumschlagplatz der North West Company, dem Konkurrenten der Hudson Bay Company im Pelzhandel. Bis hier, dem westlichen Ende des Lake Superior fuhren die großen, 36 Fuß Lastkanus aus Montreal, die jeweils 20t Ladung tragen konnten. In FW wurde umgeladen auf die kleineren Nordwest-Kanus, die weiter in den Norden und Westen vordrangen. Handelsware nach Westen, Pelze nach Osten. Das Museum kann man nur empfehlen. In jedem Haus sind nach der Mode von 1815 gekleidete Mitarbeiter, die erklären was an diesem Ort früher gemacht wurde. Farm, Küche, Pelzhändler, Voyaguer.

Zu Letzterem: Mindestens zwei „pieces“ (je 41 kg, Pelze oder Tauschwaren) mußte ein Voyaguer bei jedem Gang über die Portagen tragen können. Manche trugen 4-5 auf einmal – da wird selbst Arnold blass…

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Voyaguer

Tischler, Küfer, Kanubauer, Schmied, Arzt usw. – alles wird spielerisch, zeitgerecht dargestellt und erklärt. Die Zeit vergeht wie im Fluge, wir bleiben bis das Museum dicht macht. Dann fahren wir noch ein Stück den TCH nach Westen, bis wir irgendwo  im Wald unser Nachtlager aufschlagen. Unser Kühlschrank ärgert uns, da er sich während der Fahrt öfter öffnet und seinen Inhalt in der Kabine verstreut. Ich bastele einen zusätzlichen Verschluss und hoffe, dass er hält.
Heute wollen wir Ontario hinter uns lassen, d.h. viel fahren. Die Gegend ist nicht sonderlich interessant, viel Wald. Unterwegs halten wir mal mal an einem Picknickplatz und ich überprüfe Öl und Wasser (alle 1000 km) . Die Picknicktische sind praktisch, man fährt direkt dran, stellt sich auf die Bank und kann so wunderbar Motorservice bei SUMO machen, ohne extra eine Leiter raus zu kramen.
Eine schwarze Wolkenwand hat sich vor uns aufgebaut und ab Dryden (kurz einkaufen) regnet und gewittert es. Eine Stunde fahren wir im Regen, bis es kurz vor Kenora wieder aufklart. Dann erreichen wir die Grenze zu Manitoba.

Weiter zur nächsten Etappe: Manitoba und Saskatchewan

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4 Kommentare

Elke Kelbch 31. Mai 2020 - 11:05

Hallo Herbie,
… fast vier Jahre zu spät, aber immerhin…
Für mich ist Kanadas Westen das ‚richtige‘ Kanada: BC, Yukon, teilweise Alberta. Als wir in Alberta zum ersten Mal die Rockies gesehen haben, hatte ich erst das Gefühl, in Kanada angekommen zu sein.
LG Elke

Antworten
Herbie 16. Juli 2016 - 10:59

Immer spannend hier Neues zu erfahren. In 7 Wochen sind wir auch wieder 3 Wochen da. Wir haben schon Ost und West ferienweise bereist. Immer toll und immer viel zu kurz. Meine Frage: Welcher Teil Kanadas ist der schönste für Naturliebhaber? Ich habe eine ganz klare Meinung möchte aber gerne mal hören was andere dazu sagen. Wie gesagt wir haben immer nur 3 Wochen Zeit da noch voll im Berufsleben. Nach Pension wäre es aber der Traum länger dieses Land zu entdecken. Für mich und meine Frau sicher etwas vom schönsten und interessantesten was diese Welt bieten kann. Wenn dann noch die Robbenjagd und die Walfänger ( Welt NR1) eingestellt würden wäre Kanada für Tierfreunde wirklich das Traumland.

Antworten
Gary Kiemle 16. Juli 2016 - 12:30

Hallo Herbie,
ihre Frage ist zwar an Stefan gestellt, möchte mich trotzdem kurz dazu äußern: Walfang ist in Kanada nur für die Inuits (Eskimos) erlaubt und das auch nur in sehr geringer Anzahl für den örtlichen Eigenverbrauch. Also Kanada ist definitiv nicht die Nr.1 in der Welt was den Walfang betrifft, sondern zählt gar nicht zu den Walfang-Nationen.

Antworten
Herbie 17. Juli 2016 - 12:52

Hallo Garry
Ja, stimmt. Norwegen vor Japan. Aber wie sieht es denn mit der Robbenjagd aus? Klar dass die Inuit für ihr Leben das Recht dazu haben. Aber wenn man die ganzen Bilder der gezielten Abschlachterei der Jungtiere sieht tut das doch sehr weh. Wie stehen denn die Kanadier dazu ? Ich will niemanden verurteilen denn ich esse auch Fleisch und Fisch, aber Tiere sollten doch auf humane Art getötet werden.

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