Kerstins Chalet B&B
Fragen an den Host: Property Tax und seine Folgen
Angeregt durch die Beiträge und private Mails möchte ich in loser Reihenfolge über ein paar Erfahrungen schreiben, die wir nun nach 8 Jahren als Teilzeitkanadier sammeln durften. Meine Frau und ich besitzen ja von 2009 ein B&B in Valemount, BC nahe dem Mt. Robson, betreiben dies auch selbst. Von 2004 an hatten wir das Haus als Ferienhaus, welches wir mit Freunden und einer Firma selbstgebaut haben. Ich möchte jedoch nicht über skurrile Gäste oder so berichten. Das ist wenig ergiebig, weil 99 % total nett sind. Viele Gäste sind natürlich sehr interessiert an unserer Einwanderung.
Im Mittelpunkt steht zuerst natürlich die Frage: warum Valemount? Wie habt ihr dies gefunden? Kann man einfach ein Grundstück kaufen und bauen?
Viele möchten natürlich auch wissen, wie finanziert man das? Was habt ihr beruflich getan usw.? Viele Fragen auch, ob man einfach so ein Grundstück oder Haus kaufen kann. Dies ist möglich, aber bekommt nicht automatisch dadurch die Arbeits- oder Aufenthaltsgenehmigung.
Es gilt im Prinzip das Touristenvisa, d.h. ganz praktisch ich kann meinen Jahresurlaub bis 6 Monate in Kanada verbringen.
Ein großer Unterschied zu Deutschland ist die Propertytax (Grundsteuer), die wir ja auch in Deutschland kennen. In D. bezieht sie sich aber auf den Bodenwert und den Hebesatz, den die Gemeinde/Stadt vor Ort festlegt.
Dabei kommen dann Beträge um die 200-500 Euro pro Jahr zusammen.
In Nordamerika wird im Gegensatz dazu der aktuelle Wert des gesamten Objektes bewertet. In BC (nur hier kenne ich das System) wird dies in der Regel auf der Basis aller Grundstücks- und Hausverkäufe des Vorjahres festgelegt. Eine Rolle spielt auch der Wert von Neu- und Anbauten, erhoben durch den Wert, der im Bauantrag festgelegt wird. In manchen Regionen kommt auch ein Angestellter der Behörde und legt den Standard und Wert des Hauses fest. In unserem Fall war noch nie jemand da, alle Häuser haben einen mittl. Standard, obwohl sie sehr unterschiedlich sind.
Dieser Wert des Grundstücks und Hauses wird im Januar allen Besitzern mitgeteilt. Interessant ist, dass jeder im Internet den Wert seines und aller Häuser der Umgebung des Ortes etc. einsehen kann. Auch den letzten Verkauf (Datum und Kaufpreis).
Die Gemeinde/Reg. District legt nun in der Budgetplanung für das lfd. Jahr den Hebesatz fest. Es ist dann klar, wie viel man für Straßenunterhalt, Schule, Eishalle etc. bezahlen muss.
In Valemount liegt der Satz bei circa 1100 Dollar für 100.000 Wert. Für ein Haus im Wert von 400.000 zahlt man folglich 4.400 Dollar Tax im Jahr. Der Bescheid ergeht meistens Ende Mai und die Steuer muss dann bis zum 1. Juli bezahlt werden (Canada Day).
Je Interessenlage kann der Besitzer Einspruch gegen den Bescheid erheben. Es kommt dann zu einer Neubewertung und in einer öffentlichen Sitzung zu einer Beratung mit einem Gremium, in welcher dann über den Antrag (neuen Wert) entschieden wird.
Eine Bekannte hat erreicht, dass ihr Haus deutlich niedriger bewertet und entsprechend geringer besteuert wurde.
Dies System führt dazu, dass viele Häuser (vor allem in den USA) nie fertig werden oder die Grundstücke unaufgeräumt sind, weil ich damit den Wert drücken kann.
Es kann aber auch dazu führen, dass in plötzlich populären Gebieten immer mehr große Häuser gebaut werden und dadurch die Gegend aufgewertet wird, die Tax steigt und “Alt”-Einwohner die Steuer nicht mehr bezahlen können.
Benutze ich das Haus als Erstwohnsitz wird die Steuer etwas reduziert (regular grant), Rentner bekommen eine weitere Reduktion, ebenso wird landwirtschaftlicher Besitz geringer besteuert.
Für Ausländer ohne Permanent Residence Status bedeutet dies, dass sie den vollen Steuersatz bezahlen müssen.
Bei Immobilienanzeigen wird daher in der Regel der Steuerbetrag immer angegeben. Der Interessent sollte immer nachfragen, ob das der volle oder reduzierte Satz ist.
Die Propertytax ist für die Gemeinde eminent wichtig, da sie die wichtigste Einnahmequelle ist. Wohlhabende Gemeinden können sich einfach mehr leisten, haben eine bessere Infrastruktur oder bieten umfangreichere kulturelle Leistungen.
So gibt es regelmäßig Diskussionen und auch Befragungen zur Meinung zu bestimmten Projekten, um die Kosten für alle möglichen Ausgaben. In unserem Nachbarort gab es in 2016 eine heftig umkämpfte Abstimmung über den Umzug des Museums und der Bibliothek in ein neues Gebäude. Dies Projekt wird überwiegend durch die Property-tax finanziert.
Falls der Besitzer die Steuer nicht bezahlen kann, wird dies nach 2 Haushaltsjahren öffentlich in der Zeitung mitgeteilt. Das gesamte Objekt fällt dann unter Umständen an die Stadt/Gemeinde oder District und kann versteigert werden.
Aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.
Zum Schluss noch der Hinweis für Kaufinteressenten. Beachtet den Kaufpreis und die Folgekosten, denn es ist ja nicht nur die Tax. Es kommen noch Versicherung, Wasser, Strom und ev. Telefon und TV hinzu. So kann es leicht zu 4 bis 6000 Dollar im Jahr kosten, ein Ferienhaus in Kanada zu besitzen.
(rechtlicher Hinweis: Ich bin weder Makler noch prof. Berater. Es sind die Dinge, die ich in den Jahren erfahren habe. Sollte ich in einem oder mehreren Punkten falsch liegen, korrigiert mich bitte!)