KATIMAVIK – THE GATHERING PLACE

von Peter Iden
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1967 war ein magisches Jahr in der Geschichte Kanada’s. Es war die Geburt des Landes als Weltmacht. Nicht dass Kanada vorher keine Rolle in der Welt spielte, aber darüber waren sich nur wenige Menschen ausserhalb Kanada’s bewusst.
Die Weltausstellung “Expo 67” in Montreal änderte das alles in den Wochen vom 27.April bis 29. Oktober 1967. Diese “International and Universal Exposition” begrüßte 62 Länder als Aussteller. Die meisten Länder erbauten gewaltige, imposante Pavilions. wie sie bisher noch bei keiner anderen Weltausstellung existierten. Expo 67 wird noch heute als die erfolgsreichste Ausstellung des 20. Jahrhunderts angesehen, mit den meisten Besuchern aller vorher abgehaltenen Weltausstellungen. An einem einzigen Tag wurde sie von 569,500 Menschen besucht. Insgesamt kamen über 50 Millionen Besucher zur Expo 67, zweimal so viele wie die Bevölkerung Kanada’s in 1967.

Pierre Berton, der wohl bekannteste kanadische Journalist und Autor im letzten Jahrhundert mit einem Kredit von 59 Büchern über Kanada, schrieb in seinem Buch “1967, The Last Good Year” dass die Expo 67 zu den  größten Geschehnissen in der Geschichte des Landes gehört, neben dem Bau der Trans-Canada Eisenbahn, der Proklamation des Dominion of Canada in 1867 und der Rolle der Kanadier in den den zwei Weltkriegen.
Unter den Pavilions der Expo 67 nahm der kanadische einen Spitzenplatz ein. Es war eine gigantische, auf dem Kopf stehende Pyramide, sehr passend mit dem Inuktitut (Eskimo) Begriff “Katimavik” benannt, welches “Meeting Place” bedeutet. Also ein Treffpunkt fuer die Welt. Die enormen Ausmaße dieser Pyramide kann man am besten begreifen, wenn man die Menschen auf ihrem oberen Rand sieht.
Die Idee für die Pyramide war ein Zufall. Während die Zigaretten-rauchenden Designer des Gebäudes über alle moeglichen Architektur-Typen argumentierten, löschte einer von ihnen seine Zigarette in einem pyramiden-foermigen, oben offenen Aschenbecher. “That’s it!” war die übereinstimmende Meinung der Designer.
Kaum weniger spektakulär war der Bau der von dem kanadisch-jüdisch-syrischen Architekten Moshe Safdie enworfenen “Habitat 67” Siedlung, einem aus einzelnen Raum-Bausteinen zusammengefügten “Gebäude-Komplexes der Zukunft” in der Hafengegend von Montreal. Dank des Verkaufs an einen Privat-Eigentümer wird er noch heute bewohnt und ist im Volksmund als “Legoland” bekannt.
Aber Expo 67 war nicht nur ein Erwachen Kanada’s, es war auch ein fuer unmöglich gehaltenes, unerwartetes Wunder. Das bestand darin dass diese Ausstellung eigentlich bereits an Russland gegeben wurde, und zwar um den 50. Jahrstag der Russischen Revolution zu feiern.
In 1962 jedoch entdeckten die Amerikaner Installationen russischer Raketen auf der  Insel Kuba, die von dem kommunistischen Diktator Fidel Castro regiert wurde. Die darauf folgende, von Präsident Kennedy veranlasste Blockade von Kuba zwang die Russen dazu, die Weltausstellung abzusagen. Sie wurde Kanada in im selben Jahr (1962) zugesprochen. Russland war allerdings auf der Expo 67 mit einem gigantischen Gebaeude vertreten, welches nach der Expo abgebaut und nach Russland verschifft wurde, um dort in die “All Russia Exposition” zur Goldenen Jubiläums-Feier der 1917 Revolution integriert zu werden.
Die kanadische Regierung,  welche vorher ihren finanziellen Beistand fuer die Weltausstellung ausgesprochen hatte, war plötzlich – aus politischen oder finanziellen Gründen – in 1962 nicht mehr begeistert von der Idee.
Aber Montreal’s damaliger dynamischer Bürgermeister Jean Drapeau ernannte sein eigenes Team von Experten, die das Projekt ueber die politischen, physischen und technischen Hürden leiteten. Expo 67 wurde zum geplanten Zeitpunkt eröffnet.
Meine Frau und ich hatten das Glueck, im Sommer 1967 im total ausgebuchten Montreal das Apartment zu benutzen, welches mein damaliger Arbeitgeber Braun Electric dort gemietet hatte. Unsere drei Kinder waren bei unserem Netzwerk von Freunden (vier Familien mit insgesamt 11 Kindern) gut untergebracht, also hatten wir fast eine Woche Zeit, die Expo 67 zu erforschen.
Die Chefs von Braun Electric sahen ihre Angestellten als “Family” an, und die Ausfahrten, Fishing Trips und Parties sind inzwischen legendär in der Industrie hier. Als für uns die Zeit kam, in 1968 unser Haus zu kaufen, gab uns der Finanz-Chef der Firma, Reg Rayment, unsere Anzahlung von CAD 200,- als Geschenk. Das war eine Menge Geld damals, wenn man den Gesamtpreis unseres Hauses von CAD 23.000 bedenkt. Heute ist es ca. CAD 600.000 wert!
Nach dem Ende der Expo 67 wurden die Gebäude von 1968 bis 1984 ein Teil der dauernden Ausstellung “Man and his World” (Terre des Hommes). Die meisten Gebäude waren natürlich nur für die kurze Lebenszeit der Expo gebaut und wurden im Laufe weniger Jahre abgerissen, die Katimavik-Pyramide in der Mitte der 1970’er Jahre. Nur sehr wenige Nachbleibsel der Strukturen sind heute noch zu sehen, und die Inseln dienen vorwiegend als Parkland fuer die Einwohner von Montreal.

 

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4 Kommentare

Peter Iden 20. Mai 2017 - 16:47

Merci beaucoup, Gary!

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Peter Iden 20. Mai 2017 - 15:26

Danke, Marc. Es ist immer wieder erstaunlich, wie leicht man als “Schreiber” seine eigenen Schreibfehler uebersehen kann, wie in diesem Fall die “extra Null”. Aber deswegen haben wohl alle Magazine und Herausgeber ihre “Proof Readers”, deren einziger Job es ist, solche Fehler zu finden. Ich habe keinen, sehe aber meine unabsichtlichen Schreibfehler mit Schrecken wenn ein Beitrag veroeffentlicht wird. Nochmals vielen Dank fuer dein “Proofreading” (auch wenn es nur 45 Millionen Besucher waren :-( :-)

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Gary Kiemle 20. Mai 2017 - 16:22

Hallo Peter und Marc,
ich habe den Text bereits abgeändert.

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Marc Lautenbacher 20. Mai 2017 - 02:44

Lieber Kollege Iden,
nur ungern verübe ich Kritik an einem Mitstreiter auf diesem herrlichen Reiseblog. Jedoch bei einer Zahl, die Sie in Ihrem Bericht über die EXPO ’67 erwähnen, ist Ihnen ein kleiner Fehler unterlaufen. Tatsächlich waren am Tage des 29. Oktober 1967, als um 16.00 Uhr die Weltausstellung ihre Tore schloss, exakt 50.306.648 Besucher gezählt worden. Aber nichts für ungut, Herr Iden – Ihr Marc Lautenbacher aus Québec.

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