GYROS, DÖNER, SHAWARMA, FALLAFEL, SHISHKEBAB, SHASHLIK, KEBAB, UND ANDERE GERICHTE DER NEUEREN EINWANDERER:
Im letzten meiner Beiträge über was Kanadier essen begeben wir uns also in ein kulinarisches Gebiet, welches sich wirklich erst in den letzten zwei oder drei Jahrzehnten in Kanada durch die Einwanderer aus den mittelöstlichen, südasiatischen und vorderasiatischen Ländern etabliert hat.
Wir leben in einer Stadt – um nicht zu sagen einem Land – in dem die Küche der Welt zusammentrifft, und dazu noch nur 30 km von Toronto, dem Zentrum des Multikulturalismus in Kanada. Vancouver und andere Städte haben auch ihren Anteil an Bewohnern aus vielen Ländern und Kulturen, aber in Toronto befinden sich eben mehr Einwanderer als irgendwo anders in Kanada.
Ich bin nicht sicher, ob diese Fragen im letzten “Census” von 2016 noch akut waren (Census ist die Volkszählung, welche alle 5 Jahre in Kanada ausgeführt wird), aber in 2006 wurden Kanadiern noch Fragen gestellt, die vielleicht heute “politisch unkorrekt” sind.
In 2006 lebten in Toronto (und das trifft auch auf die Umgebung inklusive Brampton zu) Menschen mit etwa 200 verschiedener ethnischen Herkünften. Davon waren 28 % europäisch, 19 % englisch, irisch oder schottisch, 16 % ost- oder südostasiatisch, und 10 % südasiatisch.
Unter diesen befinden sich die als “Visible Minorities” bekannten Immigranten (um es klar auszudrücken: sie haben eine andere Hautfarbe oder sind durch ihre Gesichtsform nicht der “Weißen Rasse” zugehörig): Südasiaten 12 %; Chinesen 11,4 %; Schwarze 8,4 %, Filipinos 4.1″, Latein-Amerikaner 2,6 %.
Diese Neukanadier haben jedoch schon einen erheblichen Einfluss auf das gesamte kulinarische Bild von Kanada ausgeübt, und ihre mitgebrachten Lebensmittel sind besonders bei jüngeren Kanadiern sehr beliebt.
DIE BEGRIFFE “GYROS” UND “DÖNER” SIND IN KANADA NUR SEHR BEGRENZT BEKANNT.
Die in Deutschland sehr bekannten Begriffe “Gyros” und “Döner” haben sich in Kanada nur sehr begrenzt eatabliert. Es gibt z.B. in Toronto nur sehr wenige Restaurants welche Gyros oder Döner auf ihren Menues erwähnen. Aber es gibt jede Menge “Kebab” und “Shawarma” und “Falafel” Restaurants, die man mit Gyros-Restaurants vergleichen kann, obwohl sie fast alle “Take-out-Food” servieren, also nicht zum dort essen, sondern mit nach Hause zu nehmen.
Alle von ihnen grillen verschiedene Arten von Fleisch – Lamm, Truthahn, Küken, Kalbs- und sogar Bison-Fleisch am Spieß (natürlich je nach dem religiösen Glauben der Verzehrer, denn bestimmte Arten von Tierfleisch dürfen von einigen Gläubigen nicht gegessen werden).
Das Fleisch wird dann in dünnen Scheiben abgeschnitten und in Wraps oder anderer Form serviert. Besonders die Griechen hier servieren ihre Versionen mit Tzatziki, einem Yoghurt-ähnlichem Milchprodukt welches wiederum von den Gläubigen einiger Religionen nur mit Milch von Ziegen oder Schafen präpariert werden darf.
SHAWARMA UND PITAS, TORTILLAS, BURRITOS, FAJITAS ETC.
Beim “Shawarma” wird das Fleisch in Flachbrot-Scheiben eingerollt und als “Wrap” verkauft. “Flachbrot” kann aus mitteleuropäischen “Pitas” oder aus mexikanischen “Tortillas”, “Burritos” und “Fajitas” bestehen. Tacos sind ebenfalls mexikanischem Ursprungs, aber im Gegensatz zu den anderen keine “Wraps”, sondern harte U-förmige Mais-Schälchen, welche mit diversen Zutaten gefüllt werden.
“Pita” ist bekannt als arabisches, libanesisches oder syrisches Brot und wurde bereits um 2.500 BC in Mesopotamien gegessen. Es ist noch heute in allen Balkan-Ländern und im Mittleren Osten praktisch das “Brot” der Bevölkerung dieser Länder.
Die mexikanischen Tortillas, Burritos und Fajitas erfüllen denselben Zweck in ihrem Heimatland.
Wir brauchen nicht allzu weit nach “Flatbread” (Flachbrot) zu suchen. Es ist ähnlich der Basis für alle Pizzas!
SUSHI UND SASHIMI:
Sushi kam aus entgegengesetzter Richtung nach Nordamerika, genauer gesagt, aus Japan. Die japanische Einwanderer-Welle nach der Revolution in Japan in1868 brachte japanische Gerichte und Essgewohnheiten mit sich und, obwohl zuerst allmählich, wurden auch Amerikaner mit ihnen bekannt. Am Anfang der 1900’er Jahre gab es japanische Restaurants bereits in der “Little Tokyo” Nachbarschaft von Los Angeles und in anderen Städten der Pazifik-Küste, auch in Minnesota, Missouri und North Dakota.
Am Anfang des Ersten Weltkrieges in 1914 wurden die meisten japanischen Restaurants in den USA wegen der gesetzlichen Einschränkung japanischer Immigration und dazu durch die wachsende Diskriminierung gegen Japaner gezwungen, ihre Türen zu schließen.
Obwohl einige Sushi-Restaurants selbst danach noch geöffnet waren, war es nach dem Pearl Harbour Angriff der Japaner am 7. Dezember 1941 auch für sie das Ende. Ihre Eigentümer wurden zusammen mit vielen Tausenden von Japanern in Konzentrationslager eingesperrt – auch in Kanada!
Genaue Daten wann die ersten Sushi-Restaurants in Kanada eröffnet wurden sind nicht bekannt, aber wir können annehmen, dass das zuerst in Vancouver geschah.
Sushi ist ursprünglich gewürzter Reis. Was uns heute als “Sushi” hier in Kanada geboten wird, ist die auf den westlichen Geschmack ausgerichtete Version – eine Reisrolle mit diversen Füllungen wie Lachsfleisch (obwohl die Tatsache bekannt ist, dass es nicht immer Lachs ist, sondern eine der billigen Fischarten, auf Lachs gefärbt). Andere Füllungen sind Krabbenfleisch (auch das ist oft gepresstes Fleisch anderer Fischarten), und Streifen von Gemüsen wie Wurzeln und Gurken, also total “unjapanisch”.
Nebenbei bemerkt: Sashimi besteht aus rohen, ungekochten Scheiben Fisch und ist nicht Sushi, denn es wird nicht mit Reis serviert.
Sushi in Japan ist einfach und enthält nicht mehr als eine Art Fisch oder Gemüse. Die Multi-Zutaten im nordamerikanischen Sushi werden selbst heute noch als “Western-style” angesehen.
Eines der weitverbreiteten Irrtümer beim Sushi-Essen ist, dass man Sushi mit Essstäbchen (Chopsticks) essen muss.
Es ist absolut akzeptabel, Sushi mit der Hand in die Soße (Soja, Shoyu oder Tamari) zu stippen und in den Mund zu führen. Aber nicht der Reis (der zu viel Soße aufsaugt), sondern nur der Fisch sollte in die Soße gestippt werden (nicht vergessen: Soja-Soße enthält mindestens 40 % Salz, ähnlich der Schweizer Maggi Brühwürfel der heutigen Nestle-Firma).
Sushi wird heute als eines der erfolgreichsten asiatischen “Fast Foods” angesehen und ist es auch.
WIE BESTELLT MAN SUSHI UND SASHIMI IN EINEM RESTAURANT:
Wenn man Sushi jedoch in einem Restaurant bestellt, sollte man folgendes erinnern:
“Maki” ist die Sushi-Rolle mit ein oder zwei Zutaten in Reis eingerollt und mit einem Stück geröstetem Seetang umgeben. Die Rollen werden nach der Vorbereitung in Biss-Größe zerschnitten und serviert.
“Nigiri” besteht aus einem Stück rohen Fisch (gewöhnlich Lachs) auf einem oval geformten Ball aus Reis.
“Sashimi” besteht aus Scheiben von rohem, ungekochtem Fisch ohne Beilage von Reis.
“Temaki” ist ebenfalls gerollt und bissfertig wie ein mexikanischer Taco.
Als “Neuling” zum Sushi-Essen bestellt man sich am besten eine “Muster-Mahlzeit” (sampler) mit diversen Sushi-Bissen.
“California Rolls” mit Avocado und Krabbenfleisch-Imitation sind eine kanadische Erfindung. Es ist absolut erstaunlich, was kanadische “Fast Food Köche” sich einfallen lassen. Es gibt heutzutage in Toronto und Vancouver “Sushi Pizza”, “Sushi Burritos”, “Sushi Burgers”, Sushi Nachos”, “Sushi Tacos” und (oh Schreck!) Sushi Poutine und “Sushi Cake”! I
Die meisten japanischen Restaurants in Toronto werden heute von Koreanern, Chinesen oder Vietnamesen geführt.
In Vancouver ist es wahrscheinlich nicht anders.
Der Besuch eines Original-japanischen Restaurants wurde uns vor einigen Jahren von unserer jüngsten Tochter zum Hochzeits-Jubiläum (fragt mich bitte nicht welches) geschenkt. Ihre Rechnung für uns drei war mehr als CAD 300,00.
Es war eine einzigartige Erfahrung, welche noch heute als eine der besten kulinarischen Mahlzeiten in unserer Erinnerung verbleibt.
Ich kann die Erfahrung nicht besser beschreiben als die Journalistin Natalia Manzocco, die im März 2016 einen Bericht über ihren Besuch im Shoushin Sushi Restaurant in Toronto schrieb.
https://nowtoronto.com/food-and-drink/shoushin-toronto-best-japanese/
Während unseren vielen Jahren in Kanada sind wir entweder durch Freunde, Bekannte und sogar durch unsere Töchter mit den älteren und neueren Essgewohnheiten der Kanadier bekannt gemacht worden, und es gibt kaum eine, die wir nicht einmal oder öfter probiert haben und, sehr oft, sogar adoptiert haben. Dabei haben wir aber niemals die althergebrachten Rezepte und Mahlzeiten aus Deutschland vergessen!
Weiter zu: