Arktischer Road Trip

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Mokassins, Tipis und Räucherwal am Straßenrand: Den “Dempster” zu  befahren, ist keine typische Auto-Odyssee. Von Margo Pfeiff

Dempster NWT Tourism7 1Dempster Bär NWT TourismEs war das erste Mal, dass ich sah, wie ein Grizzlybär Moskitos erschlug. Das riesige, zottelige Raubtier patschte auf seinem Gesicht herum; es holte nach einem Ungeziefer-Schwarm aus, den ich sogar durch mein Fernrohr erkennen konnte. Er war im ausgedehnten North Klondike River Valley unterwegs, das Herbstgelb und das Orange der Tundra reichten bis zu der schroffen Skyline der Tombstone Mountains. Kein anderer Mensch war zu sehen. Ich fand es bemerkenswert, dass ich weniger als zwei Stunden Fahrzeit hierher gebraucht hatte – nach dem emsigen und chaotischen Goldrausch von Dawson City, wo Schaufelraddampfer den Yukon River pflügen und die „Diamond Tooth Gertie’s Gambling Hall“ und der „Sourdough Saloon“ Tingeltangel und Burlesken auftischen.

Die Straße, die aus Dawson herausführt, ist gesäumt von hundert Jahre altem Bergbauaushub. Nach 20 Minuten biegt man links zum Dempster Highway ab, Kanadas einziger öffentlicher Straße, die den Polarkreis überquert. 734 Kilometer lang führt diese schotterige Lebensader durch das Yukon Territory nach Inuvik am McKenzie Delta in den Northwest Territories. Sie folgt einem traditionellem Jagd- und Fallen-Pfad der Gwich’in-Indianer über drei Gebirgszüge, zwei Kontinentalspalten, fünf Flüsse und zwei Zeitzonen.

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Die Arbeiten am „Dempster“ begannen 1958. Inuvik wurde erst 1979 erreicht. Die Straße ist ungepflastert, aber gut in Schuss: Sie ist nicht nur bei Autofahren beliebt, sondern auch bei unerschrockenen Wohnmobil- und Fahrradfahrern. Und sie bietet die rare Gelegenheit, mit den Inuit, deren Heimat dieses Land ist, in Kontakt zu kommen.

Es gibt nur wenig Menschen hier, diese aber sind freundlich. Fort McPherson ist einer von drei Orten, die auf dem Weg liegen; eine freundliche Gwich’in-Siedlung mit Blockhäusern, Kanus und Schneemobilen, in der die Bewohner immer noch Stachelschweine und Karibu-Herden jagen und Biber Fallen stellen. Mokassins baumeln von Wäscheleinen und graue Federn wehen an Tipis, in denen Fisch geräuchert wird.

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Wenn die grünen Straßenschilder in der Ferne verschwinden, könnten Sie vielleicht einen vereinzelten Elchbullen erspähen, der Laichkraut mampft. Oder einen ausgewachsenen Wolf, der über die Straße saust. Lilafarbene Waldweidenröschen. Üppige Nadelwälder und mit Lilienfeldern getupfte Teiche in den Niederungen. Und eine weite, offene, baumlose Topographie in der Tundra der kanadischen Arktis.

Im Sommer ist die Straße in Inuvik zu Ende. Das ist eine typische schnörkellose Siedlung des Hohen Nordens, auf deren Speiseplan in den Cafés Moschusochse und Saibling stehen. In den Galerien wird Inuit- und First-Nations-Kunst gezeigt. Jeden Sommer findet  in der Stadt das „Great Northern Art Festivals“ statt (eines der besten Festivals des Nordens).

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Dann 190 Kilometer über das McKenzie Delta nach Tuktoyaktuk – im Sommer mit dem Flugzeug und im Winter über die Ice Road. „Tuk“ ist ein traditionelles Fischerdorf der Inuvialuit – der Sammelteller in der alten anglikanischen Blockhaus-Kirche ist aus Vielfraß-Pelz gefertigt, das Altartuch aus Seehundsfell. Die örtlichen Läden lagern das Futter für ihre Hundeteams in „Kühlschränken“ auf, die aus dem Permafrost geschlagen sind, zehn Meter unter der Erde.

Auf einer meiner Dempster-Odysseen luden mich James und Maureen Pokiak zu sich nach Hause zu einem traditionellen Inuvialuit-Mahl ein. Während sie Räucherwal-Streifen, die aussahen wie Beef Jerky, auf einem Teller platzierte, erzählte Maureen, dass sie eigentlich hierhergekommen waren, um ein Jahr lang als Lehrerin zu arbeiten. „Das ist 28 Jahre her“, kicherte sie.

Maureen Pokiak heiratete James, ein Jäger und Fallensteller der alten Schule, der auch Eisbär-Trips anführt. Bei unserem vielgängigen Menü gab es geräucherte Renke, Bannock und Muktuk – Würfel aus der Haut und der Schwarte des Weißwals. „Wir essen es gern mit HP Sauce“, erwähnte die Hausdame. Den Abschluss bildete eine köstliche Karibu-Suppe.
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Seitdem 15.11.2017 ist der nördlichste Streckenabschnitt des Mackenzie Valley Highway zwischen Inuvik und Tuktoyaktuk eröffnet

www.yukoninfo.com/dempster

www.nwttravel.nt.ca

www.arcticnaturetours.com

Fotos: Mit freundlicher Genehmigung der NWT Tourism

Quelle: Destination Canada / Margo Pfeiff

Die Arbeiten der preisgekrönten freiberuflichen Autorin und Fotografin Margo Pfeiff (mpfeiff@aol.co), die in Montreal/Québec wohnt, erschien in Reader’s Digest (Büchern und Zeitschriften), GEO, Better Homes and Gardens, Time-Life-Büchern, Canadian Geographic, Los Angeles Times, San Francisco Chronicle, The Dallas Morning News, Montréal Gazette, National Post, The Globe and Mail und dem Cathay Pacific’s Discovery Magazin.

 

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