Skurriles aus Kanada Nr. 29

von Bernadette Calonego

Glück durch Gebrauchtware

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Ein Garage Sale ist besser als eine Party oder ein Potluck. In Kanada festigt ein Hinterhofverkauf soziale Beziehungen. Der Garage Sale (oder Yard Sale) überwindet Klassenschranken und lockert die Zunge. Zwischen alten Stühlen und gebrauchtem Geschirr erfährt man Dinge, die einem sonst für immer verborgen geblieben wären. Ein älteres Paar, das zu meinem Garage Sale kam, stöberte durch teure alte Bildbände (die ich am liebsten alle behalten hätte). Sie gestanden mir hinter vorgehaltener Hand, dass sie die Bücher einem Bekannten schenken wollten. „Er ist ein Crossdresser“, raunten sie mir zu.  „Wenigstens erschießt er niemanden“, gab ich zurück.

Manche Leute besuchen Garage Sales so regelmäßig wie den Supermarkt. Auch  gutbetuchte Leute tauchen auf, in der Hoffnung auf eine lustige Erfahrung. „One person`s trash is another man`s treasure”, heißt der Leitspruch hier. Was für den einen Müll ist, will der andere unbedingt haben. In meiner Werkzeugkiste fand eine Frau zwei Metallheber, mit denen man den Deckel von Farbtöpfen öffnen kann (ich wusste nicht mal, dass ich die hatte). „Die sind so praktisch, aber man findet sie kaum mehr“, strahlte sie.

Ein anderer Käufer ging zu meiner Überraschung glücklich mit einer alten CD des italienischen Sängers Antonello Venditti weg. Und ich hatte angenommen, in Kanada kenne den Sänger niemand! Mein Zelt für vier Personen wurde nicht von jungen Leuten gekauft, sondern von einer siebzigjährigen Frau. Die Saftmaschine, die ich auf einem anderen Garage Sale erstanden und nie gebraucht hatte, entzückte ein Elternpaar über alle Maßen. Deren Tochter hatte eine solche Maschine gerade vor kurzem ruiniert. „Es ist genau dasselbe Modell!“, rief das Paar eins ums andere Mal.  Ein Verlust wurde plötzlich zu einem unerwarteten Gewinn.

Für einen erfolgreichen Garage Sale muss man die Kunst des richtigen Preises beherrschen. „Verlange ja nicht zuviel“, rieten mir meine kanadischen Freunde, „sonst bleibst du auf den Sachen sitzen.“ Ich nahm mir den Rat zu Herzen: Meine Preise bewegten sich am unteren Ende. Zu weit unten, wie sich herausstellte. Einer der Käufer, der eine rostige Gartenschaufel für zwei Dollar erstanden hatte, sagte staunend zu mir: „Sie machen diesen Garage Sale offensichtlich nicht fürs Geld!“

Mein Herzstück war ein alter Überseekoffer, den ich in einen originellen Tisch verwandeln wollte, aber nie dazu kam. Zehn Dollar wollte ich dafür, fast verschenkt war das. Aber die Frau, die ihn haben wollte, fand einen alten Preis im Innern des Koffers, wahrscheinlich vom Anfang des letzten Jahrhunderts. Was konnte ich tun? Sie bekam das alte Stück für einen Pappenstiel und fiel mir um den Hals.

Vielleicht habe ich am Ende nicht soviel Geld rausgeholt wie ein erfahrener Garage-Sale-Veteran. Aber die Leute sind zufrieden mit ihren Schätzen davongezogen, die ja für mich nurmehr Ballast waren. Vor allem habe ich viele nette Leute kennengelernt. Und das ist in Kanada schließlich das Wichtigste!

 

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