Schilderitis
Kürzlich sah ich am Straßenrand eine orange Warntafel vor einem Beet mit umgestochener Erde: „Loser Kies.“ Vor welcher „Gefahr“ werde ich hier eigentlich beschützt? Nach achtzehn Jahren in Kanada kann ich mich immer noch nicht an all die Warnungen gewöhnen, die Behörden und Firmen überall aufstellen. Die berühmt-berüchtigste: „Slippery when wet“ (Schlüpfrig, wenn nass) findet man auf gereinigten Böden in Klos, Schulen und Läden. Auf einem der Waldpfade in meiner Umgebung steht ein Schild bei einer harmlosen Bachböschung: „Gefahr!“ Kurios ist, dass beim wirklich gefährlichen Wasserfall in der Nähe keine Warnung zu sehen ist.
Natürlich versucht man sich in Kanada ständig gegen mögliche Gerichtsklagen von Prozesswütigen abzusichern. Nur geht das auf Kosten des gesunden Menschenverstandes. Auf einer Wanderung entlang der Küste Neufundlands sah ich ein einziges Warnschild neben einer improvisierten Holzbank: „Gefahr!“ Der Küstenpfad führte indes kilometerlang an wirklich steil abfallenden Klippen entlang – ohne ein einziges Schild. Wo bleibt da die Logik? In meiner Nachbarschaft hängen ernstzunehmende Warnungen vor Bären, Pumas und Kojoten. Aber vor dem aggressiven Schäferhund, der uns auf dem öffentlichen Weg zum Strand in Schach hielt, bis uns endlich der Besitzer erlöste, hat uns niemand gewarnt. Im Dorf Tofino auf Vancouver Island habe ich allerdings ein Schild mit der tierischen Botschaft angetroffen: „Achtung Hunde, grrrr, bell, wuff, guter Hund.“
Ich halte mich lieber an die Tafeln, die mir Gutes in Aussicht stellen, zum Beispiel Seelenfrieden. Der kommt mir nämlich abhanden, wenn mir überall mit Warntafeln ein Schrecken eingejagt wird.
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1 Kommentar
Der Unterschied in Kanada sind dass es viele “Vorsicht-Schilder” gibt. Die deutsche Masche ist, dass die moisten Schilder “Verbotsschilder” sind.
https://www.google.ca/search?q=DEUTSCHE+VERBOTSSCHILDER&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ved=0ahUKEwj4wafw5tPYAhUf0IMKHWZaB5MQsAQIJg&biw=1536&bih=714&dpr=1.25