Eine kurze Geschichte der kultigsten Decke Kanadas

Die Hudson's Bay Company Decke

von Gary Kiemle

Die Hudson’s Bay Company-Decke ist vielleicht die bemerkenswerteste Decke der Welt.
Die cremefarbene Wolle, die mit schmalen Streifen aus Grün, Rot, Gelb und Indigo gemustert war,
spielte eine entscheidende Rolle für das moderne Kanada – und wird heute noch verkauft.

Die Hudson’s Bay Company ist heute eine bekannte Einzelhandelsgruppe, die behauptet, die älteste Firma in Nordamerika zu sein. Aber schon 1670 war das Unternehmen, damals unter königlichen Satzung von England, als Pelzhandelsunternehmen tätig, das Pionierarbeit bei der Erforschung und Ansiedlung Kanadas leistete.
In vielen der weiteren Regionen war die Hudson’s Bay Company die effektive Regierung des riesigen Territoriums und war die größte Grundbesitzerin der Welt, die über etwa 15 Prozent von Nordamerika kontrollierte.
Und es war die gestreifte Hudson’s Bay Company Decke, die den Weg bahnte.

Nach der offiziellen Firmengeschichte wurden bereits 1668 Decken als Handelsware in die Hudson Bay gebracht. 1779 beauftragte das Unternehmen die englische Textilfabrik von Thomas Empson in Oxfordshire mit der Lieferung von 30 Paar Decken mit vier Farben (rot, blau, grün, gelb).

Die strapazierfähige und warme Decke wurde von den frühen Pelzhändlern, Bergleuten und Prospektoren geschätzt.
Vor allem aber erwies sich die gestreifte Decke bei den Ureinwohnern Kanadas als sehr beliebt. Einfacher zu nähen als Bisonhäute und viel schneller zu trocknen, die Decken waren eine ausgezeichnete Isolierung während der rauen Wintermonate. Oft wurden die Decken in Wintermäntel umgewandelt, die sogenannten “Capotes”.
Als der Pelzhandel zunahm, war es oft die gestreifte Decke, die den frühen Beziehungen zwischen den Abenteurern und den einheimischen Stämmen den Weg ebnete und oft gegen Biberfelle gehandelt wurde.
Neben den traditionellen Streifen war die ikonische Decke auch für ihre “Points” bekannt: Eine Reihe dünner schwarzer Linien, die sich direkt über den unteren Streifen befinden. Diese “Points” waren nicht, wie manchmal allgemein angenommen wird, ein Indikator dafür, wie viele Pelze die Decke im Handel wert war, sondern ein leicht abzulesendes Maß dafür, wie groß die Decke war. Wenn sie gefaltet sind, kann man an den “Points” leicht die genaue Größe der Decke erkennen. Der Begriff stammt aus dem französischen “Empointer”.

H Bay Wintermantel

Nach den Vorgaben des Unternehmens:

Ein ganzer Strich gemessen 4 – 5,5 inch; ein halber Strich maß die Hälfte dieser Länge. Die Standardmessungen für ein Paar von 1-Point-Decken waren: 2 Fuß, 8 Zoll breit und 8 Fuß lang; mit einem Gewicht von 3 lb, 1 Unze.
Es gab eine Auswahl zwischen 1 und 6 Strichen, je nach Größe und Gewicht der Decke.
Als der lukrative Pelzhandel nach Kanada expandierte, mit einer wachsenden Anzahl von Handelsposten, Forts und Siedlungen, wurde die hochgeschätzte „Point-Decke“ zu einem primären Handelsgut. Die Nachfrage war so groß, dass die Produktion in England auf die A.W. Hainsworth Company in Yorkshire gegen Ende des 18. Jahrhunderts vergeben wurde. Ihre Wolle war dafür bekannt, gut verarbeitet zu sein, und war in allen Bereichen von Billardtischen bis hin zu Filz auf Klavierhämmern verwendet worden. Auch heute ist Hainsworth Wolle so prestigeträchtig, dass es sowohl von Prinz William als auch von Harry bei der königlichen Hochzeit 2011 getragen wurde.

Bis zum 19. Jahrhundert hatte sich die Hudson’s Bay Company zu einem riesigen Handelsimperium entwickelt, das oft ihre Grenzhandelsposten in „General Stores“ umwandelte.
Heute gehört das Unternehmen zu den ältesten der Welt und trägt in einigen Versionen seines Logos noch immer die markanten farbigen Streifen.

Die markanten Streifen finden sich heute auf iPhone Hüllen über Golfbälle bis hin zu Strandkörben. Aber die Decke selbst steht noch immer zum Verkauf, und sie sieht genauso aus wie damals, als die ursprünglichen Bestellungen vor über 230 Jahren in London aufgegeben wurden und den Weg für die Geburt des modernen Kanada ebneten.

Siehe auch:
Hudson’s Bay Company feiert 350. Geburtstag
Hudson’s Bay Company – Ruperts Land

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2 Kommentare

Jürgen Ristau 16. Mai 2018 - 11:19

hallo Garry, habe mal wieder über Kanada sinniert und dabei sind mir Roland und du eingefallen. Ich war mit meinem Bruder Werner bei einer deiner ersten Touren von Calgary nach Vancover dabei, also so vor ca. 40 Jahren.
Grüße aus dem schönen Rosbach v.d.H.

Antworten
Gary Kiemle 16. Mai 2018 - 12:48

Hallo Jürgen,
lang lang ist’s her, ich kann mich leider nicht mehr erinnern aber mein Vater, der eben zu Besuch war, konnte sich noch erinnern!
Soll schöne Grüße ausrichten , natürlich auch von mir! :) Seid ihr noch ab und zu in Canada?

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