Skurriles aus Kanada Nr. 45

von Bernadette Calonego
 

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Text und Foto: Bernadette Calonego

Waldhüttenzauber

Zum Pickup hab ich es schon gebracht und zu einer rot-weißen Fahne auch. Nur eine Cabin fehlt mir noch zum echt kanadischen Lebensstil. Ich schreibe bewusst Cabin, denn eine gute Übersetzung habe ich dafür bis heute noch nicht gefunden. Hütte? Waldhütte? Chalet? Wochenendhäuschen?  Blockhaus? Das trifft alles nicht wirklich zu. Denn Cabin bedeutet nicht für jeden Kanadier dasselbe. Für die meisten Neufundländer zum Beispiel ist die Cabin eine rustikale Einraumbehausung irgendwo im Wald, ohne Strom und Telefon, aber mit Holzfeuerung und Außenklo. In British Columbia sagte mir indes kürzlich eine Bekannte, sie werde ihr Wochenende in der Cabin verbringen. Ich war schon dort eingeladen gewesen: Es handelt sich um ein schönes Haus mit drei Schlafzimmern, Internet, TV und Netzstrom. Es steht in einem Dorf direkt am Meer und dürfte wahrscheinlich eine halbe Million Euro wert sein.

Für manche Kanadier, etwa im Yukon, ist die Cabin ein Rückzugsort in der Wildnis, der nur im Kanu oder mit dem Wasserflugzeug erreicht werden kann. Für andere ist sie ein Treffpunkt für Freunde und Nachbarn, nach dem Motto: je mehr Gäste, desto fröhlicher. Musik und Alkohol gehören genauso dazu wie der Holzofen. Die Cabin ist nicht selten ein Statussymbol. Ich höre immer wieder Kanadier stolz von ihrem Wochenende in der Cabin erzählen. Fotos auf Facebook dokumentieren im Detail und über Wochen hin den Bau einer neuen Cabin. Besuche im Secondhand-Laden werden häufiger, denn „ich brauche noch ein Sofa und Geschirr für die Cabin“. In der Cabin werden auch Dinge plaziert, die man im regulären Heim nicht ausstellen würde. Zum Beispiel einen Kalender mit Nakedeis und kitschige Landschaftsbilder. Einige leutselige Kanadier haben es sich zum Hobby gemacht, an schönen Sonntagen von Cabin zu Cabin zu pilgern und dort zu verweilen, wo man sie am herzlichsten willkommen heißt. Andere Besucher sind weniger erwünscht, nämlich kriminelle Eindringlinge. Da Einbrüche in leerstehenden Cabins ein Problem geworden sind, installieren mehr Leute ferngesteuerte Überwachungskameras. Vielleicht wäre es doch besser, die Cabin an einen See zu stellen, wo man nur mit dem Wasserflugzeug hinkommt.

Kanada-Krimis von Bernadette Calonego:
Kanada Krimis Bernadette

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4 Kommentare

Bernadette Calonego 20. Mai 2019 - 23:23

Heide und Henry, das klingt fantastisch! Ihr habt euer ganz persönliches Paradies gefunden. Gratuliere!

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Bernadette Calonego 20. Mai 2019 - 23:21

Viele Grüße vom Cabin-Country zum Cottage-Country!

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Schwind Heide und Henry 20. Mai 2019 - 11:59

Hallo wir haben seit 1979 Land- 13 ha- am Meer. Haben 1992 ein Holzhaus gebaut. Dann 1996 noch ein unfertiges Haus gekauft. Wir sind jetzt Rentner und verbringen 3-4 Monate in Nova scotia.
Wir fühlen uns sehr wohl.

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Peter Iden 19. Mai 2019 - 16:06

Ein Eingesessener Kanadier (und danit meine ich die, welche es sich leisten koennen, was in dem meisten Faellen heutzutage wegen der Landpreise kum noch moeglich ist) faehrt am Wochenende zu seiner “Cottage”” im Norden der Provinz. Relativ wenige benutzen dafuer Motorboote oder (im Winter) Skidoos. Kaum einer wandert zufuss dorthin. Dafuer sind Kanadier als viel zu “bequem” bekannt. Unsere aelteste Tochter wohnte in ihrer ersten Ehe mit ihrem Mann in einer “One Room Cottage” im “bush” noerdlich von Huntsville, Ontario, und sie, wie auch wir bei Besuchen, mussten etwa eine halbe Stunde zu ihrem Heim laufen. Nebenbei bemerkt, zu ihrer Hochzeit, die dort auf einem Felsen an ihrem See stattfand, mussten auch alle der etwa 30 Gaeste dorthin in voller Festkleidung dort hin laufen, wie auch wir zu unserer ersten Cottage am Severn River, die zwar mit dem Boot erreichbar war, aber wir hatten noch keines, und “Water Taxi” war zu teuer. Da das kanadische Land heute 100% in Privathaenden oder Regierungseigentum ist, kann man auch nicht ohne Erleubnis von den Eigentuemern irgendwo eine Huette hinstellen. Der Traum von einer “Casetta in Kanada” starb schon in der zweiten Haelfte der 1900’er Jahre. Ich schreibe dieses um vielleicht jemanden zu verhindern, diesen Traum von einer Huette ohne genuegend Recherchen zu gross werden zu lassen und die grosse Enttaeuschung am Ende zu verhindern

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