Eine neue Liebe in Neufundland: ich und die Ackerdistel.
Text und Foto: Bernadette Calonego
Kanadas Verwandlungszauber
Es ist erstaunlich, wie Kanada einen verwandeln kann. Ich erinnere mich, wie ich vor Jahren auf einer geführten Wandertour in New Brunswick war. Bei der machten auch Vogelbeobachter mit, die mir den letzten Nerv ausrissen, weil sie ständig die Wanderung verzögerten. Während ich trekkend Kilometer fressen wollte, verbrachten die Vogelbeobachter Stunden um Stunden bei … eben der Beobachtung von Vögeln. Ich fand ja damals Vögel auch interessant, aber als Beigemüse zur Wanderung.
Heute erkenne ich mich nicht mehr. Verwandelt hat mich das Leben im Norden Kanadas, wo die warme Jahreszeit im Idealfall sechs Wochen dauert. Alles wird kostbarer in einer so kurzen Saison. Jetzt kann ich nicht genug von Vögeln kriegen – und von wilden Blumen. Nichts macht mich glücklicher als eine bunte Wiese, gerade weil ich weiß, wie schnell diese Pracht vorbei ist und Schnee fällt. Vor dem Paronamafenster meines Hauses im Norden Neufundlands wächst und wächst ein Busch und droht mir die Aussicht zu versperren. Aber niemals würde ich ihn fällen, weil viele Vögel darauf Platz nehmen. Vor einer halben Stunde entdeckte ich einen Yellow Warbler (Goldwaldsänger, Setophaga petechia). So ein Glück! Und gestern auf dem Hundespaziergang fotografierte ich eine wunderschöne violette Ackerdistel (Cirsium arvense). Die gib es zwar anderswo auch, aber in Neufundland erstrahlt sie für mich in einem neuen Licht.
Kanada hat mich wirklich eines gelehrt: Carpe Diem. Genieße den Tag. Denn der Winter kommt bald.
P.S.: Bitte erzählt mir doch die Geschichte, wie euch Kanada verwandelt hat.
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