Kahntinetha Horn, Mitte der 1960er Jahre Kahntinetha Horn heute
Die nordamerikanischen Indianer interessierten mich bereits als Teenager in Deutschland, und darin war ich nicht allein. Besonders die First Nations Frauen haben mich interessiert seit ich Kahentinetha (Kahn-Tinetha Horn), die damals 35-jährige Amerikanerin, ein Mitglied des Mohawk Bear Clan of Kahnawake, QC (Caughnawaga), im Juli 1975 auf einem großen Pow-Wow in Wikwemikong auf Manitoulin Island kennen lernte.
Geboren am 14. April 1940, war sie ein Mannequin und damals eine Aktivistin für die Menschenrechte ihrer indianischen Mitmenschen. Heute ist sie 80 Jahre alt und Eigentümerin sowie Redakteurin der “Mohawk Nation News”, der Stimme der Mohawks in Nordamerika.
6 der 10 weiblichen Chiefs in Manitoba
Fast ein Fünftel der First Nation Stämme in Kanada werden heute von Frauen geleitet. In Manitoba z.B. sind 10 der 63 Chiefs Frauen.
Eine wachsende Anzahl von First Nation Stämmen in Kanada haben in den letzten Jahrzehnten weibliche Chiefs gewählt. Traditionell waren die zahlreichen Chiefs der vergangen Jahrhunderte Männer, ein sogenannter “Old Boy’s Club” welche wie die Politiker in den Kolonialländern (ganz besonders in Großbritannien) ihre Positionen pflegten und für Frauen unzugänglich machten.
Begonnen mit den Königinnen der Alten Welt, wie zum Beispiel die erste weibliche Königin Kubaba in Sumer 2.400 v. Chr., oder Hatschepsut, Kleopatra und viele andere der Herrscherinnen, haben jedoch Frauen schon immer führende Rollen als Leiterinnen ihrer Länder sowie auch in ihren Familien gehabt. Und zwar Hunderte Millionen von Frauen als zum Teil absolute Herrscherinnen in ihren Familien.
Länder wie Kanada wurden durch die Erbfolge mit Königin Victoria in 1837 sowie mit Elizabeth II von 1952 bis heute von zwei Königinnen regiert.
Den Frauen der First Nations wurde das Recht zur Wahl sowie zu Spitzenpositionen in den First Nation Staemmen in 1951 durch Änderung des Indian Act von 1876 gegeben. Das ist derselbe Act, der für die ursprüngliche Diskriminierung der Geschlechter und für die “Residential Schools” der Kirchen und eine Menge anderer Unrechte verantwortlich war.
Der erste weibliche Chief in Kanada, Elsie Marie Knott, stammte aus der der Anishinaabek Curve Lake First Nation in Ontario. Diese gehört zu dem ehemaligen Mud Lake Indian Band, welches wiederum ein Stamm (Band) der First Nation Ojibwa der Mississauga First Nations ist. Die Struktur der einzelnen Stämme untereinander ist politisch ziemlich komplex. Curve Lake liegt etwa 25 km nordöstlich von Peterborough, Ontario.
Geboren am 20.9.1920, wurde Elsie Marie in 1954, im Alter von 33 Jahren, drei Jahre nach der Änderung des Acts, zum Chief der Curve Lake First Nation gewählt. Sie starb am 3.12.1995.
Saskatchewan streitet sich um die Ehre des ersten weiblichen First Nation Chiefs. Gwendolyn Lucy O’Soup Crane, geboren am 12.August 1930, gestorben am 10.August 2005 in Regina, soll im Alter von 24 Jahren im Dezember 1954 zum Chief der Key First Nation in Norquay, Saskatchewan gewählt worden sein.
Wer immer auch zuerst Chief war, es gab also im Jahr unserer Ankunft in Kanada in 1954 bereits zwei weibliche Chiefs!
Die drei Regionalen Chiefs Kluane Adamek (Yukon), Marlene Poitras (Alberta) und RoseAnne Archibald (Ontario) sind die drei Frauen, welche mit acht Männern (Chiefs) die First Nations in Kanada repräsentieren.
British Columbia, Quebec, Newfoundland and Labrador und New Brunswick haben bisher keine weiblichen Chiefs.
In Alberta wurde Marlene Poitras von der Mikisew Cree First Nation am 19.3.2018 von der Assembly of First Nations Alberta in Edmonton als ihr Regional Chief bestätigt.
Die neueste “Chefin” der Brokenhead Ojibway Nation (65 km nordöstlich von Winnipeg) ist Deborah Smith, die im April 2020 vier Männer in ihrem Stamm besiegte.
Deborah Smith
Deborah gesellt sich zu neun anderen weiblichen Chiefs in Manitoba.
Annie Bernard Daisley
In Nova Scotia wurde Annie Bernard Daisley am 9. Oktober 2020 als neuer Chief der We’kogma’q First Nation bestätigt. Sie ist auch Präsident der Nova Scotia Native Women’s Association.
Marie Bernard
In Prince Edward Island wurde Marie Bernard am 9. Juni 2019 der erste weibliche Chief der Lennox Island First Nation der Mi’Kmaq.
Sheila North
Grand Chief Sheila North ist Chief der MKO (Keewatinowi Okimakanak), eine Organisation welche seit 1981 die First Nations repräsentiert, u.a. in Sachen Menschenrechte unter zahlreichen Übereinkommen mit der kanadischen Regierung. Sie hat die Ambition, in den Vereinigten Nationen (UNO) als Repräsentant der Souveränen Kanadischen First Nations zu sitzen.
Nicht zuletzt ist die heutige Anzahl der weiblichen Chiefs auch ein Resultat der Tatsache, dass 7,6 Prozent der First Nation Männer und 13,6 Prozent der First Nation Frauen in Kanada heute Universitäts-Ausbildungen haben. Die Wähler der Frauen erkennen an, dass Ausbildung und Intelligenz wichtige Faktoren im Leben der First Nations Stämme sind.
Kanadische First Nation Frauen sind auch aktiv auf vielen anderen Gebieten ausserhalb ihrer Bands. Sie sind Universitäts-ausgebildete Familienoberhäupte und Anwälte. Viele leiten ihre eigenen Firmen. Aber sie vergessen niemals ihre Herkunft und benutzen diese oft in ihren Aktivitäten. Sie sind also praktisch, wie damals (und noch heute) Kahntinetha Horn, Aktivisten für die Menschenrechte der First Nations und ihrer Frauen.
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