Eisberg-Abschleppung aus Neufundland, Kanada

von Peter Iden

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Der Begriff “Titanic” weckt bei den meisten Menschen die Erinnerung an einen der am meisten gesehenen Filme der Welt. Er hat uns den Respekt vor diesen gefrorenen Giganten gelehrt, sowie die Tatsache, dass 90% eines Eisbergs unter der Meeresoberfläche liegt.
Eisberge Sind ein Risiko nicht nur für die Schiffahrt, sondern auch für die Öl-Industrie, deren Bohrtürme durch sie gefährdet sind. In 1977 gab es in Kanada 221 Bohrtürme. In den 1980’er Jahren waren es 534, in 2019 jedoch nur noch 146, die meisten davon vor Neufundland.

Die Gründe für die Reduzierung von Bohrungen für Öl in maritimen Lokalitäten wie Neufundland und dem Golf von Mexiko sind mehrseitig, Das Risiko für bereits bestehende Ökonomien, der mindere Effekt auf Benzinpreise, die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen, sowie die Unsicherheit der Arbeiter und der Umwelt sind nur einige davon (Beispiel: die Deepwater Horizon Ölturm-Explosion im April 2010 im Golf von Mexiko und die damit verbundene Umweltverschmutzung sowie der Tod von 11 Arbeitern).

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Eisberge sind ein gewohnter Anblick vor der Küste von Neufundland vom März bis zum Juli. Bei unserer Auswanderung nach Kanada im April 1954 musste unser Kapitän eine südlichere Route fahren, weil die Eisberg-Gefahr auf der normalen und kürzeren nördlichen Route zu hoch war. Wir sahen tatsächlich Eisberge am Horizont.
Die Eisberge stammen aus West-Grönland, wo 30.000 bis 40.000 jährlich “gekalbt” werden. Sie wandern mit der Labrador-Strömung langsam südwärts, bis sie in ihrem zweiten Jahr die Küste von Neufundland erreichen.
In einem früheren Beitrag (Die Eisberg Cowboys von Neufundland, Kanada Spezialist, 15. 5. 2019) hatte ich bereits über das Einfangen und Abschleppen von Eisbergen berichtet, um daraus das angeblich “sauberste und beste” Trinkwasser der Welt zu gewinnen.

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Aber die Eis-Cowboys in Neufundland haben noch einen weit wichtigeren Zweck als Trinkwasser-Gewinnung. Sie müssen die Eisberge “managen”, so dass sie keine Gefahr für Schiffahrt und die Öl-Türme werden. Schiffe können ausweichen, die Türme nicht.
Es ist die Aufgabe des Environment and Natural Resouces Department der kanadischen Regierung, Bewegungen der Eisberge durch Reconnaisance mit speziell ausgerüsteten Flugzeugen, Coast Guard Schiffen, und teilweise durch Satelliten-Bilder zu beobachten, und die Schiffs- und Öl-Firmen über die Gefahren-Zonen in Kenntnis zu halten.
Das Abschleppen der Eisberge geschieht mit Seilen oder Netzen, manchmal sogar mit Wasserkanonen, welche die Eisberge in gewünschten Bahnen leiten. Die Abschleppung hat in den letzten Jahren 14 Millionen Dollar gekostet.
Mehrere verrückte Ideen wurden bisher erwogen, um Eisberge in Gegenden zu bringen, in denen Wassserknappheit ein Problem ist. Vielleicht nicht verrückt wenn man bedenkt, dass in der Antarktis jährlich mehr Wasser in Gletschern abbricht als der gesamte Wasserverbrauch der Welt. Das ist also Frischwasser, welches im Ozean verschwindet und zu überhöhten Wasserständen und Fluten in einigen Gegenden fuehrt. Zählt man das Nordpol-Wasser dazu, erklärt das die Wasserkatastrophen in mehreren Ländern.

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Bereits in den 1940’er Jahren wollte das Scripps Institution of Oceanography in San Diego einen kanadischen Eisberg nach Kalifornien schleppen, um den Wasserdurst der Kalifornier zu löschen. In den 1970’er Jahren schlug der Saudi-Prinz Faisal vor, einen Eisberg von Kanada nach Saudi-Arabien zu schleppen. Indien sowie die Bier-Brauereien in Chile wollten damals Wasser per Schiff aus Kanada importieren.
In 2010 bekam die EU den Vorschlag, einen Eisberg aus Kanada zu den Kanarischen Inseln zu ziehen, wo das Wasser durch den vorwiegend deutschen Tourismus im Notzustand war. Der Vorschlag wurde nach “einigen ernsthaften Überlegungen” von der EU ad acta gelegt.
Bevor ich es vergesse, auch Kapstadt wollte einen kanadischen Eisberg haben, weil die dortige neue “Wasser-Ration” gesetzlich auf 50 Liter pro Tag bund pro Person beschränkt wurde. Und das in Afrika, wo zigtausende von Menschen mit 5 Liter Wasser  pro Tag zufrieden sein müssen!
Logistisch gesehen müssten die zu diesem Zweck abgeschleppten Eisberge mindestens 1000 Meter lang, 500 Meter breit und 250 Meter tief sein, sowie 125 Millionen Tonnen wiegen. Solch ein Eisberg, nach dem massiven Wasserverlust durch Abtauen im Atlantik, würde Kapstadt mit etwa 20% ihres jährlichen Wasserverbrauchs beliefern!

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Der Wasserverbrauch in den USA ist der höchste er Welt mit 1.207 cbm pro Person/Jahr. Kanada 855 cbm; Griechenland 962 cbm; Türkei, Mexiko und Australien 700+ cbm; Spanien, Costa Rica und Japan 600+ cbm; Deutschland 297 cbm (Quelle: Statista Global Statistics).
Weil mir die Ziffer für Deutschland im Verhältnis zu den anderen Ländern ziemlich niedrig erschien, suchte ich erfolglos nach verlässlichen Statistiken. Einige Quellen geben 115 bis 140 Liter pro Tag per Person an, andere wiederum quotieren stärkeres Bewusstsein der Bevölkerung, reduzierten Wasser-Verbrauch von Waschmaschinen und Toiletten-Spülungen, wieder andere registrierten ein Ansteigen des persönlichen Gebauchs durch Baden, Duschen und Körperpflege. Aber Aspekte wie diese sind ja nicht im Sinne dieses Beitrags. Jeder kann und darf seine eigene Meinung dazu haben.

(Anmerkung: die Auswahl der Bilder in diesem Beitrag liegt einzig und allein in meiner Verantwortung unter der Fair Dealing Provision der kanadischen Copyright-Gesetze).

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