Skurriles aus Kanada Nr. 74

von Bernadette Calonego

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Text und Bild: Bernadette Calonego

Schnee von gestern

Den Einfluss Großbritanniens in Kanada sieht man nicht nur an der Tatsache, dass der britische Monarch – heute also Königin Elizabeth II – immer noch das offizielle Staatsoberhaupt Kanadas ist. Man merkt es auch an manchen exzentrischen britischen Gesetzen, die bis heute überdauert haben. Von einem bin ich direkt betroffen, wenn es schneit. Viele Gemeindebehörden in der Provinz British Columbia schreiben vor, dass man bei Schneefall den Gehsteig vor den eigenen Häusern räumen und salzen muss. Das muss vor zehn Uhr morgens gemacht sein.

Wenn also die weiße Pracht vom Himmel fällt, steckt mir immer die Angst im Nacken, dass ich nicht rechtzeitig die Schneeschaufel packe und mich an die Räumung mache. Die Verordnung, von der ich spreche, wurde in Kanada, einer ehemaligen britischen Kolonie, auf der Grundlage eines britischen Gesetzes aus dem Jahr 1932 erstellt. Dieses Gesetz basiert auf dem Prinzip des „guten Nachbarn“ und besagt, dass man angemessene Sorgfalt ausüben muss, um Handlungen oder Unterlassungen zu vermeiden, von denen man einigermaßen annehmen kann, dass sie den Nachbarn verletzen könnten. Der Begriff Nachbar ist hier ziemlich weit gefasst.

Natürlich gibt es immer Leute, die jemanden verklagen müssen. So ging ein älterer Kanadier gegen zwei Hausbesitzer in Burnaby vor Gericht, weil er auf dem Gehsteig vor deren Haus ausgerutscht und hingefallen war – ein Gehsteig, auf dem notabene der Schnee weggefegt war. Der Fall ging bis vor das Berufungsgericht  von British Columbia, wo glücklicherweise die Richterin die Hausbesitzer von jeglicher Verantwortung freisprach. Sie entschied, dass Schnee und Eis auf öffentlichen Gehsteigen die rechtliche Verantwortung der Gemeinden und nicht der Hauseigentümer seien.

Mir ist eine Last vom den Schultern genommen. Nicht nur das: Ich finde den Gehsteig mit Schnee oft trittsicherer, als wenn er geräumt ist und dann vereist. Eine gute Nachbarin bin ich auch ohne Schneeschaufel.

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Bernadette C Grabes Grauen

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4 Kommentare

Bernd Heubacher 26. Januar 2022 - 12:08

Ich lese ihre Beiträge alle und meistens finde ich sie ganz gut, aber der hier ist m.E. völlig überflüssig. Ich habe in Österreich, in Deutschland und in Skandinavien gelebt. Es war überall Pflicht den Schnee zu räumen, sogar von 7 Uhr morgens bis abends um 21 Uhr. Was soll also daran skurril sein???

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Bernadette Calonego 26. Januar 2022 - 16:14

Hallo Bernd,
ich freue mich über Ihr Interesse an meinen Kolumnen. Vielen Dank für die Information über die Schneeräumung in anderen Ländern. Sie fragen, was im Fall von Kanada anders sei. Ich finde es skurril, dass es ein britisches Gesetz aus dem Jahr 1932 gibt, worauf die kanadischen Bestimmungen zur Schneeräumung beruhen. Und dass eine Richterin in British Columbia entschied, dieses Gesetz könne nicht für die Schneeräumung angewendet werden. Es ist ein Beispiel dafür, wie die britische Rechtssprechung in Kanada (eine ehemalige britische Kolonie) immer noch Kontroversen auslöst.
Ich hoffe, Sie werden meine Kolumnen weiterhin lesen und Ihre Meinung dazu äußern. Herzliche Grüße aus British Columbia, Bernadette

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Christel Christel 22. Januar 2022 - 13:11

Wir müssten auch den Bürgersteig schneefrei halten. Da der Schneepflug alles von der Straße auf den nur 50 cm breiten Bürgersteig schiebt und wir das letzte Haus im Dorf bewohnen erübrigt sich das. Kommt sowieso nie ein Mensch vorbei

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Bernadette Calonego 22. Januar 2022 - 18:39

Hallo Christel, manchmal muss man einfach den gesunden Menschenverstand walten lassen. In eurer Situation wäre es wirklich unsinnig, die Räumung zu verlangen. Ich habe mich auch oft geärgert, wenn der Pflug meine Einfahrt mit Schnee verbarrikadiert hat. Tonnen von Salz mag ich auch nicht verschwenden, das ist nicht gut für die Umwelt. Freuen wir uns also an der weißen Pracht, solange sie unberührt ist!

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