Mehrwertsteuer in Kanada

Goods and Services Tax

von Peter Iden

“Mehrwertsteuer”, “Added Value Tax”, “Goods and Services Tax”. Fast alle der europäischen Länder (29) haben sie, sowie auch 58 andere Länder der Welt.

In Kanada wurde die GST (=MwSt) von Brian Mulroney am 1.1.1991 eingeführt. Prime Minister Mulroney verlangte 9%, aber letzten Endes wurden es 7%.

Die meisten Bürger sahen diese Steuer als eine zusätzliche Steuer an und wehrten sich durch Repräsentationen ihrer MP’s dagegen.

Was sie nicht wussten (oder wissen wollten) war, dass durch die GST “versteckte” Steuern von 13.5 % (MST = Manufacturers’ Sales Tax) sowie auch die 11% Federal Telecommunications Tax (FTT) eliminiert wurden. Die MST war in die Preisstruktur sämtlicher in Kanada fabrizierter Güter eingebaut (zu dem Zeitpunkt wurden in Kanada noch allerhand mehr Sachen hergestellt als heute!).

Inzwischen wurde die GST in Kanada zuerst auf 6% (1.1.2008), dann auf 5% (1.1.2009) reduziert.

In den EU-Ländern ist die Minimum “Value Added Tax” (Mehrwertsteuer) 15%, das Maximum 25%.

“Value Added” oder “Mehrwert” heißt praktisch “Zusatz-Wert”, also eine Steuer, die auf jede Stufe im Handel erhoben wird.

Während sie in vielen Ländern “versteckt”, also bereits in jedem Kaufpreis eingeschlossen ist, muss sie in Kanada auf jeder Rechnung separat aufgeführt werden.

Die kanadische GST wird selbst von den meisten Kanadiern missverstanden. Natürlich ist die GST, wie auch die PST (Provincial Sales Tax) eine Steuer auf die Einkäufe und Dienste, welche ein Kanadier in Anspruch nimmt.

Der Unterschied zwischen den beiden ist, dass die GST eine “Value Added Tax” (Mehrwertsteuer) ist, die sämtliche Handelssparten betrifft, während die PST nur auf den Endverbraucher zutrifft.

Ein Importeur zahlt bei der Einfuhr von Gütern zuerst den Zoll, dann auf die kombinierten Kosten plus Zoll (duty-paid value) die GST.

Er verkauft die Waren an die nächste Handelsstufe – den Großhändler (Distributor) – mit einem (typisch 50%) Aufschlag und rechnet diesem dafür die 5% GST an.

Diese GST muss der Importeur dann an Revenue Canada weiter geben, darf aber davon die von ihm bezahlte Import-GST als “Input Tax Credit” davon abziehen.

Der Distributor (Großhändler) verkauft die Waren weiter an einen Einzelhändler (Retailer), nachdem er nochmals etwa 50% auf seinen Einkaufspreis aufgeschlagen hat.

Der Großhändler muss wiederum die dem Einzelhändler angerechnete GST an Revenue Canada zahlen, darf jedoch wieder die von ihm an den Importeur gezahlte GST als “Input Tax Credit” davon abziehen.

Der Einzelhandel schlägt nochmals 50% oder so auf seinen Einkaufspreis auf und rechnet dem Endverbraucher (“End-User”) ebenfalls die 5% GST an.

Wieder muss der Einzelhändler die vom Kunden erhaltene GST an Revenue Canada zahlen, minus seiner GST auf seinen Einkaufspreis als “Input Tax Credit”.

Die GST ist also eine “progressive” Steuer, die letzten Endes vom Endverbraucher gezahlt wird.

Ausgenommen sind bestimmte “Grund-Lebensmittel” wie Milch, Brot, Gemüse, Früchte usw., ebenso viele landwirtschaftliche Produkte, Drogen und Medizin auf ärztlichen Rezepten, sowie medizinische Geräte wie Hörgeräte, Sachen wie künstliche Zähne und Gebisse.

Ebenfalls frei von GST sind gebrauchte Häuser und Wohnungen, die meisten Gesundheitsdienste, inklusive zahnärztliche, bestimmte Kinderbetreuungs-Dienste sowie zahlreiche Dienste im Bildungsbereich.

Der Vorgänger der GST war die “Federal Sales Tax”. Wenn man es genau nimmt, war sie nicht sehr verschieden von der GST. Nur dass eben die verschiedenen Handelsstufen eine Ausnahme von der “FST” beantragen konnten, und diese auch generell bekamen (FST Exemption).

Nur auf der allerletzten Handelsstufe – dem Verbraucher (End-user) laesst sich die GST (wie auch die vorherige FST) nicht zurückfordern.

Auf dieser letzten Stufe kommt auch die “andere” Steuer ins Spiel, und zwar die PST (Provincial Sales Tax). Es ist eine “Endverbraucher-Steuer” (end user tax), die auf praktisch alles bezahlt werden muss.

Der bürokratische Weg, mit dem auf jeder Stufe die GST als “Input Tax Credit” zurückgefordert werden kann, ist denkbar einfach. Die “Input Tax Credits” werden einfach von der zu bezahlenden GST abgezogen (natürlich mit den darauf bezogenen Unterlagen).

In Nova Scotia, New Brunswick und Newfoundland and Labrador werden GST und PST zusammengefasst als HST (Harmonized Sales Tax). Auch in Ontario soll die HST demnächst eingeführt werden, sowie nach und nach auch in allen anderen Provinzen und Territorien außer Alberta, wo keine Provincial Sales Tax (PST) besteht.

Inzwischen wurde auch das System geändert, unter dem Besucher die von ihnen in Kanada gezahlte GST zurückfordern konnten. Government of Canada

Peter Iden
Brampton, Ontario, Kanada

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9 Kommentare

velo 7. Mai 2017 - 19:35

Toller Artikel, gefaellt mir gut. Ich habe diesen auf FB geteilt und einige Likes dafuer bekommen.
Weiter so!

Antworten
Peter Iden 13. März 2014 - 23:26

Das “Foreign Visitor Tax Refund Program” wie es vor einigen Jahren bestand,
existiert nicht mehr. Ohne Zweifel waren die (oft minimalen) Rueckforderungen mit soviel buerokratischer Arbeit verbunden, dass im Sinne der Erniedrigung der -Regierungs-Kosten als zu hoch betrachtet wurde. Mir erscheint das jedenfalls gerechtfertigt, denn die Ausgaben von Besuchern in Kanada sind bereits durch Flugkosten, Unterkunft und Auto oder Trailermieten bereits derart gestresst, dass kaum noch etwas fuer Einkaeufe in hoeheren Preislagen nachbleibt.

Rueckforderungen von Steuern, welche bei geschaeftlichen (nicht bei privaten) Besuchen von “Conventions” anfallen, koennen weiterhin zurueck gefordert werden. Ebenfalls koennen 50% der in einer “Tour-Package” enthaltenen Steuern
von Privat-Besuchern zurueck gefordert werden, muessen allerdings durch den “Tour-Operator” belegt werden. Das ist in Kanada nicht so problematisch, denn alle Steuern muessen auf Rechnungen separat aufgefuehrt werden und sind nicht (wie z.B. in Deutschland) im Preis versteckt. P.I.

http://www.cra-arc.gc.ca/tx/bsnss/tpcs/gst-tps/rbts/vstrs/clfrms-eng.html

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Peter Kneubühl 7. Februar 2020 - 15:49

Hallo Peter,
interessanter Artikel. Ich befürchte jedoch dass auch der veraltet ist. Der Link unten funktioniert nicht mehr. Ich bin auf der Suche nach Informationen zum Export von einem gebrauchten Auto. Ich habe schon stundenlang beim CBSA und CRA in der Warteschlaufe gehangen ohne Ergebnisse. Ich bin Schweizer und möchte das Auto für eine Reise benutzen und dann mit nach Hause nehmen. Kennst bei CRA gibt es nicht mal eine E-Mailadresse. Hast du auch mit sowas Erfahrung oder kennst du jemanden der mir da weiterhelfen kann?
Liebe Grüsse Peter

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Monaloona 13. März 2014 - 20:35

Wir planen im Sommer eine Kanada Reise (Nova Scotia, New Brunswick, Quebec, Ontario).
– Wie müssen wir genau vorgehen, wenn wir die Sales Tax und die Taxen bei Übernachtungen zurückfordern möchten?
– Wo finden wir das nötige Formular und wie genau heisst es?
– wenn wir aus Toronto zurückfliegen, müssen wir extra viel Zeit am Zoll einrechnen?
– gibt es in Toronto eine andere Amtsstelle, wo wir dies erledigen können?

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Helena 13. März 2013 - 22:49

Hallo Paul,

vielen Dank für die prompte Antwort.
Deine Informationen helfen mir weiter.

Viele Grüße!

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Paul 13. März 2013 - 21:42

Hallo Helena,

zwar bin ich kein Kaufmann und kenne die Details nicht. Aber auch beim Einkauf im Internet werden in Kanada (Ontario) immer nur die Nettopreise angezeigt. Erst an der virtuellen Kasse, bevor man definitif die Kauforder losschickt, werden die Steuern und, wenn bekannt, die Versandkosten angezeigt, und damit der Endbetrag. Wie an der realen Kasse die Aufschläge auf dem Display erscheinen und auf dem Bon – ohne dass man darüber spricht. Das macht aber die verwendete Software.
Wer Kleinhandel betreibt, kann das händisch einpflegen, wer im Großen arbeitet, wird sich ein passendes Programm kaufen. Wer kanadaweit verschickt, der hat schon mal mit unterschiedlichen Steuersätzen für die verschiedenen Provinzen zu tun.
Die meisten Kanadier (meine Erfahrung) sehen nicht auf die Zusatzkosten (Steuern & Versand). Sie orientieren sich am Nettopreis. Wer verwöhnt ist, wie wir in D, mit günstigen Päckchen- und Pakettarifen und insbesondere mit dem Bücherporto, der kalkuliert etwas anders.

Gruß, Paul

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Helena 13. März 2013 - 14:29

Hallo Peter und hallo Paul,

für mich sind Eure Erklärungen sehr interessant, weil ich gerade versuche herauszufinden, wie auf einer canadischen Website Preise für Produkte angezeigt werden müssen. Ich verstehe, es scheint so zu sein, dass jeweils der Nettopreis ausgezeichnet wird plus zusätzliche Angaben zu den diversen Steuern. Reicht da ein Info-Icon am Nettopreis, das man öffnen kann oder müssen diese diversen Steuern prominent und direkt über oder unter oder neben dem Nettopreis stehen? Alles sehr verwirrend – gibt es da eine offiziele Website, die mir weiterhelfen würde? Vielen Dank!

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Peter Iden 10. März 2013 - 17:26

Hallo, Paul:

Die kanadischen Verbrauchersteuern gehoeren zu den kompliziertesten der Welt. Der Grund dafuer ist vorwiegend, dass sie nicht allein vom Bund der Provinzen
(Federal Government), sondern auch von den einzelnen Provinzen (Provincial Governments) bestimmt werden.
1) BUNDESSTEUERN (FST=FEDERAL SALES TAXES):
Es sind durchaus 5% im gesamten Kanada, herabgesetzt von urspruenglich 7% und dann 6%. Es gibt keine Ausnahmen in allen der Provinzen und Territorien.
2) PROVINZIAL-STEUERN (PST=PROVINCIAL SATES TAXES):
Variieren von Null Prozent (in Alberta) bis 9.975 Prozent (in Quebec).
3) HARMONISIERTE STEUERN (HST=HARMONIZED SALES TAXES):
In Ontario, British Columbia, Nova Scotia, New Brunswick und Newfoundland and Labrador bestehen Uebereinkommen mit der Bundesregierung (Federal Government), die Bundes- und Provinz-Steuern kombiniert einzusammeln, also sie zu “harmonisieren). Das fuehrt zu Missverstaendnissen, die selbst fuer Kanadier nicht ungewoehnlich sind, fuer Neuankoemmlinge und Besucher allerdings oft raetselhaft und total unverstaendlich. Andere Provinzen sind dabei, ebenfalls Uebereinkommen in dieser Richtung zu verhandeln oder abzuschliessen
Die augenblickliche Situation ist niemals statisch, sondern im ewigen Wandel begriffen.
Albertaner zahlen z.B. keine Provinzial-Steuern (eine nicht vorhergesehene oder bestimmte Situation basiert auf den Oel- und Erdgas-Vorkommen in der Provinz, welche zur Zeit der Konstitutions-Schreibung noch kein Thema waren. Geschichtlich gesehen gehoeren die Erd- und Bodenschaetze allen Kanadiern, wurden jedoch von vorherigen Provinz-Regierungen dieser Provinz angeeignet. Viele der Provinzen, auch Quebec, bestimmen heute das Recht ueber ihre Erd- und Bodenschaetze selbst. In Quebec, mit den hoechsten Steuer-Raten in Kanada, sind diese Rechte allerdings nicht wie in Alberta and die Bevoelkerung in der Form von Steuer-Ermaessigungen weiter gegeben worden).
Provinz-Steuern in Saskatchewan sind 5%, in Manitoba 7%, in Prince Edward Island 10%. In den drei Territorien Northwest, Nunavut und Yukon gibt es (aus anderen Gruenden wie in Alberta) keine Territorial-Steuern.
Die von dir erwaehnte Situation in Ontario daher als fuer ganz Kanada geltend anzunehmen, waere grundverkehrt.
Den Unterschied in der Besteuerung in Kanada mit seinen separat kalkulierten Steuern als “unliebsame Ueberraschung” und “aergerlich” darzustellen ist eine Frage der Toleranz verschiedener Systeme. Die Steuern in Deutschland sind genau
so bekannt (weil auf Rechnungen separat aufgefuehrt), aber Kanadie lieben eben
das Direkte, also die genaue Darstellung der Steuern am Ende jeder Rechnung.
Was die Preis-Aufschlaege der Haendler betrifft, so hat Kanada einen “Freinen Handel”, d.h. es gibt keine “Preis-Politik” wie in anderen Laendern. Niemand schreibt niemandem vor, wieviel Prozent Aufschlag er kalkulieren darf oder wieviel er dem Endverbraucher fuer seine Produkte oder Dienste abnehmen darf. In dieser Hinsicht ist der kanadische Vorsatz: “shop around before you buy” der beste Hinweis fuer den Einkauf in Kanada. Aufschlaege von bis zu 200% sind daher in Kanada weder unbekannt noch ungesetzlich. Der Kaeufer zahlt das, was er zahlen will oder zu zahlen erwartet. “Price-Bartering” findet zwar heute oeffentlich und hauptsaechlich zwischen asiatischen Partnern statt, aber das “Feilschen” um
den richtigen Preis wird kaum oeffentlich ausgetragen, ausser in den Medien, in denen posaunt wird: “findest du einen besseren Preis, dann passen wir unseren Preis diesem an.” (Allerdings BEVOR ein Kauf statt findet, un nur mit dokumentierten Fakten).
Das Steuer-System in Kanada ist keneswegs “alter Zopf”, sondern stets in Wandlung begriffen. Augenblicklich arbeitet unsere Regierung an einer seit den 1970’er Jahren total notwendigen Umwandlung der Import-Steuern (Zoelle=Steuern) von sogenannten Staaten der “Dritten Welt”, welche inzwischen ihren einstigen Status als zurueck gebliebene, unterentwickelte Laender schon laengere Zeit ueberkommen haben und heute zu den fuehrenden Industrie- und Handels-Laendern der Welt gehoeren. Hong Kong Kong, Singapur, Indien und ja, sogar China nur als Beispiele.
Peter Iden.

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Paul 9. März 2013 - 02:42

Zur Aktualisierung: in Ontario gibt es seit dem 1.7.2010 die HST (Harmonized Sales Tax) in Höhe von 13%. Man muß sich als Deutscher (bzw. Europäer) erst daran gewöhnen, dass alle Preisauszeichnungen Nettopreise sind. Wenn man sich Waren ausgesucht und auch nach dem Preis gesehen hat, ist der Steueraufschlag an der Kasse manchmal eine unliebsame Überraschung. Insbesondere muß man an diese Eigenheit denken, wenn man Preise zwischen Kanada und Deutschland vergleicht.
Bei meinem ersten Kanadabesuch hatte ich vor dem Rückflug genau noch einen Dollar in der Tasche. Da gab es einen großen Becher Cola für 99 Cent “refill”. Ich holte mir also das Getränk – und auf dem Kassendisplay war natürlich einiges mehr als 1 $. iIh hatte die Tax vergessen. Ein netter Zeitgenosse hat die Differenz dann ausgelegt.
Für mich ist diese Trennung ärgerlich. Ich habe mal beim Ministerium angefragt, warum das so sei. Antwort: die Leute wollen gerne wissen, was die Ware kostet und was der Staat kassiert. Scheint mir nicht sehr logisch zu sein, denn den Steuersatz kennt ja jeder, und auf dem Kassenbon wird er (auch in D und übrigem EU) fein säuberlich aufgeführt. Aber die Leute kennen es eben nicht anders, und alte Zöpfe läßt man gerne hängen.
Nebenbei: dass jeder Zwischenhändler 50% des Warenweretes aufschlägt, soll wohl mehr das Systems verdeutlichen als die tatsächliche Preispolitik darstellen …

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