Kanadas Einwanderungspolitik 2025–2027: Weniger Quantität, mehr Steuerung?
Als kanadischer Einwanderungsberater sehe ich täglich, wie politische Entscheidungen die Chancen von Auswanderungswilligen beeinflussen. Die Anpassung der Einwanderungspläne unter Premierminister Mark Carney und Einwanderungsministerin Lena Metlege Diab markiert einen deutlichen Kurswechsel. Ziel ist es, die Gesamtzahlen zu senken, temporäre Migration stärker zu begrenzen und gleichzeitig hoch qualifizierte Fachkräfte gezielter zuzulassen.
Kernpunkte des neuen Plans
– Daueraufenthalte (Permanent Residents): Der Immigration Levels Plan 2025–2027 reduziert die Zielzahlen von 395.000 (2025) auf 365.000 (2027). Das entspricht rund 20 % weniger als noch unter den früheren Zielvorgaben.
– Temporäre Aufenthalte: Besonders betroffen sind internationale Studierende und temporäre Arbeitskräfte. Ihr Anteil soll von derzeit ca. 7,3 % auf unter 5 % der Gesamtbevölkerung gesenkt werden. Laut IRCC liegen die Zielzahlen für temporäre Aufenthalte bei 673.650 (2025), 516.600 (2026) und 543.600 (2027).
– Gesetzliche Verschärfungen: Mit dem sogenannten Strong Borders Act (Bill C-2) will die Regierung die Asylverfahren straffen. Asylanträge müssen künftig binnen 14 Tagen gestellt werden; wer länger als ein Jahr ohne Status im Land ist, verliert das Recht auf eine Anhörung.
– Gezielte Zuwanderung: Trotz dieser Kürzungen sollen Fachkräfte aus Mangelberufen (Gesundheitswesen, Ingenieurwesen, IT, Handwerk) sowie frankophone Bewerber außerhalb Québecs bevorzugt werden. Das Regierungsziel sieht vor, dass bis 2029 rund 12 % aller Neuankömmlinge außerhalb Québec französischsprachig sind.
Argumente für den Kurswechsel
Befürworter betonen, dass die Anpassung notwendig sei, um Wohnungsmarkt, Gesundheitssystem und Infrastruktur zu entlasten. In Städten wie Toronto und Vancouver stiegen die Mieten zuletzt rapide; die Regierung verweist auf den Zusammenhang mit hoher Zuwanderung. Auch die medizinische Versorgung ist in vielen Regionen stark ausgelastet. Eine temporäre Reduzierung könnte Kommunen Zeit verschaffen, den Nachholbedarf in diesen Bereichen zu decken.
Kritik am neuen Plan
Kritiker halten den Kurs für ein politisches Zugeständnis angesichts wachsender Skepsis in der Bevölkerung. Der Arbeitskräftemangel, etwa in Pflege, Bau und Technologie, drohe sich zu verschärfen, wenn weniger Zuwanderer zugelassen werden. Internationale Studierende und Arbeitskräfte tragen erheblich zur regionalen Wirtschaft bei; eine Kürzung könnte langfristige Wachstumschancen mindern. Die eigentlichen Ursachen für die Wohnungsnot liegen laut Experten nicht primär an der Migration, sondern an strukturellen Problemen wie Bauhemmnissen und fehlendem Angebot an bezahlbarem Wohnraum.
ZUSAMMENGEFASSTE ZIELZAHLEN
Permanent Residents
| Kategorie | 2025 | 2026 | 2027 |
| Wirtschaftseinwanderung | 232.150 | 229.760 | 225.350 |
| Familienzusammenführung | 94.500 | 88.000 | 81.000 |
| Flüchtlinge & Schutzbedürftige | 58.350 | 55.350 | 54.350 |
| Humanitäre Gründe & Sonstiges | 10.000 | 6.900 | 4.300 |
| Frankophone außerhalb Québec | 29.325 | 31.350 | 31.350 |
| Gesamt | 395.000 | 380.000 | 365.000 |
Temporäre Aufenthalte
| Kategorie | 2025 | 2026 | 2027 |
| Work Permits (gesamt) | 367.750 | 210.700 | 237.700 |
| International Mobility Program | 285.750 | 128.700 | 155.700 |
| Temporary Foreign Worker Program | 82.000 | 82.000 | 82.000 |
| Studierende | 305.900 | 305.900 | 305.900 |
| Gesamt | 673.650 | 516.600 | 543.600 |
Quelle: IRCC, Minister’s Office
Fazit
Kanada setzt unter Carney stärker auf Steuerung statt Expansion. Ob dies eine durchdachte Anpassung oder ein zu starkes Bremsmanöver ist, wird sich erst zeigen – zumal das Bremsen derzeit ein globaler Trend in der Migrationspolitik ist. Klar ist: Wer nach Kanada auswandern möchte, muss sich künftig noch gezielter vorbereiten – sei es als Fachkraft mit anerkannten Qualifikationen und einem zertifizierten Jobangebot, als Unternehmer mit tragfähigem Businessplan oder als frankophoner Bewerber.
Für deutsche Interessenten gilt: Die Türen sind nicht geschlossen, aber der Zugang ist schmaler geworden. Wer frühzeitig plant, seine Unterlagen vollständig vorbereitet und die passenden Programme wählt, hat auch unter den neuen Bedingungen gute Chancen.
Es ist jedoch sehr zu empfehlen, bereits zu Beginn dieser Pläne das Gespräch mit einem lizenzierten Auswanderungsberater zu suchen. So lassen sich Fehler vermeiden und die Chancen auf Erfolg erheblich steigern.
Persönliche Anmerkung: Aus meiner langjährigen Beratungspraxis weiß ich, dass Kanada trotz aller Änderungen ein Land voller Chancen bleibt. Mit realistischer Vorbereitung, Geduld und der richtigen Strategie können Sie sich auch weiterhin erfolgreich in Kanada eine Zukunft aufbauen.
Viel Erfolg mit Ihren Kanada-Plänen!
Gerd Damitz
* Gerd Damitz (Dipl.Kfm.U) ist lizenzierter kanadischer Einwanderungsberater mit staatlicher Beratungsgenehmigung für Deutschland, Business Stratege und Lobbyist, und einer Berufserfahrung von fast 30 Jahren. Er war maßgeblich an der Gründung und dem Aufbau des kanadischen Einwanderungsberaterberufsverbandes CAPIC, und der kanadischen Einwanderungsberater-Aufsichtsbehörde CICC beteiligt. Er ist Präsident von Amirsalam & Damitz Canada Immigration Counsel (www.VisasCanada.com) und kann für Einwanderungsfragen und -beratung unter info@visascanada.com erreicht werden.
