Schlüssel zur Millionenvilla
Ich habe schon an die hundert Häuser in Besitz genommen. Obwohl ich mir keines davon leisten kann. Die Hauspreise in Vancouver und Umgebung sind astronomisch. Völlig außer Reichweite für Normalverdiener. Aber es gibt einen Trick, in nicht nur ein Haus, sondern in viele Häuser einzuziehen. Wie das möglich ist? Ich verrate Ihnen meine Strategie. Sie heisst „Open House“. Bei einem „Open House“ können alle Leute ein Haus von innen anschauen, und der Immobilienmakler hofft gleichzeitig, dass er neue Kunden gewinnen kann.
Wann immer ein schönes Haus am Wochenende zu besichtigen ist, gehe ich hin. Ich wandere durch die Räume, möbliere sie neu, sehe mich im Büro sitzen, in fremden Betten schlafen, die Sonne auf der Terrasse geniessen. Ich reiße Wände heraus und modernisiere die Küche. Für eine halbe Stunde gehört mir das Haus – in meiner Fantasie.
Der Immobilienmakler händigt mir den Prospekt aus. «Der Preis scheint mir hoch für die Lage», sage ich. «Oh, es gibt einigen Verhandlungsspielraum», sagt der Makler. Wir fachsimpeln. Seit ich Häuser besichtige, die ich nie besitzen werde, kann ich die richtigen Fragen stellen: Wie alt ist das Dach? Kann die Aussicht verbaut werden? Wie gut ist die Isolation? Abend- oder Morgensonne? Ich spiele die Wissende. Lasse fallen, für wie viel ein vergleichbares Haus erst kürzlich in der Nachbarschaft verkauft wurde. Der Makler ist beeindruckt. Ich verheimliche, dass mein nächster Krimi verfilmt werden müsste, bevor ich dieses Haus kaufen könnte.
Aber das lässt sich kompensieren. Einen Rundgang lang darf ich in Millionenvillen und gemütlichen Chalets wohnen, an Traumstränden und im Tannenwald. Ich habe diese Häuser alle besessen. Oder sollte ich von «versessen» reden? Aber auf diese Weise kommt man zu etwas, das eigentlich völlig unerreichbar ist. Die Makler öffnen mir die Tür zu meinem Nirvana. Ich belohne sie mit Komplimenten: Echte Parkettböden, toll! Und die Granitabdeckungen in der Küche, wow! Einbauleuchten und Bodenheizung! Nur all das falsche Gold im Bad passt mir nicht. Ich würde die Armaturen ersetzen. Aber alles bleibt im Konjunktiv.
Man darf ja wohl noch träumen
Vor fünfzehn Jahren waren die kanadischen Immobilien noch erschwinglicher. Ich sah mir ein preiswertes Haus an. Eine Bekannte, die mich begleitete, hat es stattdessen erworben und umgebaut. Jetzt steht das Haus wieder zum Verkauf. Am Wochenende gibt es ein Open House, und ich werde aufkreuzen!
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2 Kommentare
Mein Gott, welch einen wunderbaren Beruf haben Sie! Als Jugendlicher habe ich auch davon geträumt. War aber durch die damaligen familiären Verhältnisse mental- und auch finanziell- an zu Hause gebunden. Erst im Jahre 2000 habe ich mir den Wunsch einer Rundreise von Edmonton über die Rocky Mountains nach Vancouver Island erfüllen können. Bewegend waren die Begegnungen mit Deutschen Auswanderern, die in den fünfziger Jahren die Heimat verlassen hatten. Sie alle- ausnahmslos – sagten, dass der Beginn damals eine harte, sehr harte, Zeit war.Möchten sie wieder zurück in das Land der Rundumversicherung? Nein, sie lieben die alte Heimat nach wie vor; aber das Leben hier ist Freiheit. Freiheit im Positiven wie Negativen. Viele hatten sich auch zusammengeschlossen, ihre Gemeinschaftshäuser gebaut (oft im alpenländischen Stil)und pflegten ein romantisches Brauchtum der alten Heimat (viele Volkslieder). Für eine Journalistin eine Story :” Die deutschsprachigen Auswanderer der fünfziger Jahre- Begegnungen 2017″. Schauen sie einmal im Clubhaus in Victoria vorbei.Sie fahren um die Ecke und haben plötzlich den Giebel eines Alpenhauses vor sich.
K. Wilken
Vielen Dank für Ihren ausführlichen Kommentar, Herr Wilken. Und auch für den interessanten Hinweis. Es gibt übrigens einen Dokumentarfilm über die Geschichte deutscher Einwanderer, von den Anfängen bis heute. Der Film wurd von Mass Abedi gemacht. Vielleicht schaffen Sie es ja nochmals nach Kanada, nachdem Ihre erste Reise so schön war. Herzliche Grüße aus Vancouver!