Lange Tische, lange Gesichter
von Bernadette Calonego, Vancouver
Kann man in Vancouver einsam sein? In einer so schönen, offenen, sportlichen Metropole? Offenbar ja, denn vor vier Jahren stellte eine Studie der Vancouver Foundation fest, dass ein Drittel der Bewohner von Vancouver Mühe hätten, Freunde zu gewinnen. Nach dieser Enthüllung machte sich Vancouvers Stadtpräsident Gregor Robertson echt Sorgen. Er fand, dass sich die Menschen in seiner Stadt nicht so nahe kämen, wie sie sollten. Schließlich ist Vancouver bekannt für das Gemisch vieler Ethnien. Aber, so hat die erwähnte Studie ergeben, die bleiben meistens unter sich.
Das wollte Robertson ändern.
Er beauftragte eine Gruppe mit dem Namen „Die engagierte City Task Force des Stadtpräsidenten“ (das ist kein Witz!), Lösungen zu finden. Die Task Force kam unter anderem auf die Idee, dass Gemeinschaftstische in Restaurants die Menschen automatisch ins Gespräch bringen würden.
Die Idee war sicher gut gemeint, aber sie stieß bei den Vancouveriten auf wenig Gegenliebe. Auch die Gaststätten reagierten nicht begeistert. Es ist hier nämlich verpönt, in Cafés und Restaurants an Tischen Platz zu nehmen, wo bereits jemand sitzt. Es ist ein No-No, wie man in Kanada sagt. Zwar gibt es zum Beispiel im Pub „The Salty Tongue“ im historischen Viertel Gastown einen 12 Meter langen Tisch, wo man gemeinsam dinieren kann. Das tun die Leute aber vor allem, weil das Essen sehr preiswert ist. Und manche Gäste reden überhaupt nicht miteinander.
Eine Schweizer Freundin, die in Vancouver lebt, hat einen viel besseren Weg entdeckt, Freunde zu finden: bei gemeinsamen Grillfesten mit Nachbarn in ihrer Straße. Barbecues sind auch viel kanadischer als Gemeinschaftstische.
Nach meiner Ankunft in Kanada schloss ich mich einer Wandergruppe an und wurde Helferin bei einer Tierschutzorganisation. Das hat mir wirklich die Türen geöffnet.
Im vergangenen Jahr stellte die Zeitung Metro News fest, dass sich am Problem der sozialen Isolierung in Vancouver nicht viel geändert habe. Sie befragte einen Universitätsexperten, der sagte, das Problem habe historische Wurzeln: Man habe zur Gründerzeit in Vancouver exklusive Stadtviertel im Stil der britischen Kolonialisten schaffen wollen. Man habe damals diese Klassentrennungsfantasie gehabt, die nie ganz verschwunden sei.
Wie dem auch sei, versuchen Sie`s doch mal mit Grillfesten, Gruppensport und guten Taten.
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