03. Juni 2010: In der letzten Kolumne ist das Thema „Bär“ leider viel zu kurz gekommen. Aus diesem Grund möchte ich die aktuelle Kolumne ganz den pelzigen Riesen widmen. Außerdem bekommen Cornelia und ich bald Besuch von meiner Familie. Damit möchte ich jetzt aber nicht zum Ausdruck bringen, dass meine Familie Ähnlichkeiten mit Bären hat. Es geht vielmehr darum, dass wir mit den Beiden – meinem Vater und meiner Großmutter – einen Ausflug nach „Tofino“ planen. Das Surferparadies gilt als landschaftlicher Juwel an der Westküste von Vancouver Island und besitzt nicht nur menschliche Einwohner, sondern auch tierische Mitbürger. Dazu gehören leider auch die plüschigen Raubtiere, vor denen ich mich so fürchte. Damit Cornelia, mein Vater, meine Oma und ich den Ausflug unbeschadet überstehen, habe ich mich in das Thema „Bären-Sicherheit“ eingelesen.
Zuallererst informiert mich meine Quelle darüber, dass Bären weder niedlich noch zahm sind und man auf keinen Fall mit ihnen kuscheln sollte. Das lässt sich einrichten. Dann erfahre ich, dass der Geruch von Kosmetikprodukten und Zahnpasta möglicherweise Bären anzieht. Ich werde wohl ab heute schon an einer neuen Gurgeltechnik arbeiten, damit der Bär, wenn ich ihn begrüße und ein freundliches „Hallo“ hauche, keine Minz-Rückstände erschnuppern kann. Und was die Kosmetik angeht: Es sind nur zwei Ausflugstage, tröste ich mich. Zudem wird empfohlen in einer kleinen Gruppe zu wandern und stets Geräusche zu machen – das bekommen wir hin! Sollte vor uns dennoch ein Bär auftauchen, müssen wir einen großen Bogen um ihn herum laufen. Sollte er trotzdem zu nah bei uns sein und sich erheben, dann müssen wir sanft mit ihm reden, damit er weiß, dass wir Menschen sind. Sollte er trotz allem mit den Kiefern klappern, den Kopf senken und die Ohren anlegen; dann ist es an der Zeit sich totzustellen. Allerdings nur, wenn es sich um eine Abwehrattacke eines Grizzlys handelt, den WIR überrascht haben.
In meiner Vorstellung liegt der Überraschungsmoment zwar eher bei mir, als beim Bären; aber gut. Nach der Attacke – und das ist meine Lieblingsregel – sollen wir so schnell wie möglich verschwinden und dem Parkranger Bescheid geben. Überhaupt kein Problem. Jetzt bin ich völlig beruhigt. Der Zusatz, dass Bären so schnell laufen können wie Rennpferde; fantastische Schwimmer sind; über einen extrem guten Hör– und Sehsinn verfügen; einen scharfsinnigen Geruchssinn haben und hervorragende Baumkletterer sind, macht es nicht besser. Ich lese aber auch, dass man den Bären nicht direkt in die Augen schauen sollte. Nun weiß ich was ich mache: Ich benutze schon eine Woche vor dem Trip keine Pflegeprodukte mehr, putze am Morgen vor der Abfahrt meine Zähne nicht, überlege mir einen freundlichen Text für den herannahenden Bären und nehme vorsichtshalber meine Brille ab, damit ich erst gar nicht in Versuchung komme, ihm direkt in die Augen zu sehen, während ich mich tot stelle.
„Tofino“ wir kommen!