Die 80er Jahre waren in ganz Québec die Jahre des großen Umschwunges und des Wandels, sei es in der Kunst und Politik, als auch kulturell und gesellschaftlich. Zudem wurde mehr Augenmerk auf die Umwelt gelegt, was bei einem Land mit seinen unermesslichen, natürlichen Ressourcen bis dahin nicht besonders notwendig erschien. Unter anderem hatten verschiedene Forschungsgruppen aufgezeigt, dass Greifvögel, die für das Ökosystem so wichtige Vogelart im Begriff war, in der ganzen Provinz Québec von der Bildfläche zu verschwinden.
So wurde 1987 ein gemeinnütziger Verein, die L’Union québécoise de réhabilitation des oiseaux de proie (UQROP) gegründet, auf Deutsch „Vereinigung zur Wiedereingliederung der Greifvögel Quebecs“. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein Netz von Auffangstationen zu etablieren, die sich um verletzte, kranke oder verlassene Vögel kümmern. Dreh- und Angelpunkt dieses Netzes ist die Fakultät für Veterinärmedizin der Universität Montréal, die pro Jahr rund 350 Tiere zugetragen bekommt, um sie wieder aufzupäppeln. In Saint-Hyacinthe liegt ihre Aussenstelle mit Flugschauen in den Sommermonaten.
Zum Zweiten hat man es als wichtig erachtet, die Bevölkerung auf die Bedeutung dieser fantastischen Tiere hinzuweisen. Dazu bringt die UQROP mit speziellen Programmen an Schulen und Kindertagesstätten die Vielfalt der in Québec vorkommenden Greifvögel nahe, insbesondere die Bedrohung ihrer heutigen Lebensräume. Aktuell kann man 27 verschiedene Greifvogelarten in ganz Québec beobachten, die sämtlich gesetzlichen Schutz genießen. Einige gehören zu den bedrohten und gefährdeten Arten wie der amerikanische Wanderfalke (Falco peregrinus tundrius) und die hier lebende Unterart unseres europäischen Steinadlers (Aquila chrysaetos canadensis).
Studenten der Fakultät für Veterinärmedizin der Universität Montréal übernehmen die Flugschau in den Sommermonaten.
Die Greifvogelstation mit Flugschau und einer stattlichen Anzahl an Vogelvolieren nahe des Städtchens Saint-Hyacinthe operiert unter der Bezeichnung „Chouette à voir!“, auf Deutsch übersetzt „Eulen zum Anschauen!“ Jedoch ist es im Französischen ein Wortspiel, da chouette auch so viel wie prima, toll, klasse oder einfach großartig bedeutet. Wenn man einmal dort gewesen war, wie ich, dann weiß man warum.
Und selbstredend kann man auf dem herrlichen und weitläufigen Gelände der Station einige Volieren besuchen und deren Bewohner anschauen. Es gibt sogar einen überdachten, riesigen Raum, wo junge Greifvögel aufgezogen und kranke Vögel wieder aufgepäppelt werden, die dort außerdem ein bisschen fliegen können. Selbstredend ist das bereits genannte Wappentier von Québec nicht nur als Kuscheltierchen im Souvenirshop zu sehen, sondern in eigenen Vogelvolieren im Freibereich der Anlage: Die kanadische Schnee-Eule (Bubo scandiacus), auf Französisch so schön poetisch Harfang des neiges genannt. Denn man sollte wissen, dass jede Provinz in Kanada sein eigenes Wappentier besitzt.
Schon am Eingang begrüsst uns die Schnee-Eule: Flugschau und Vogelvolieren – “Chouette à voir!”
INFOS:
– Flugschau und Vogelvolieren (Chouette à voir!): 875, Rang Salvail SUD, Saint-Jude (Québec) J0H 1P0, rund 20 km vom Büro in Saint-Hyacinthe entfernt
– Anmeldung/Büro: 1600 av. des Vétérinaires Saint-Hyacinthe, Saint-Hyacinthe (Québec) J2S 7B6
Telefon (montags bis freitags): 450-773-8521, Durchwahl 8545, info@uqrop.qc.ca
Geo-Lokalisation (Ortsdaten für Saint-Hyacinthe) ♁ 45° 37′ 36.58″ N, 72° 56′ 49.02″ W
Anfahrt:
– Mit dem eigenen Auto von Québec die Autoroute 20 über Lévis und Drummondville nehmen, Ausfahrt Nr. 133 Rue Girouard nach Saint-Hyacinthe, dort nach Saint-Jude auf der route Nationale 235, Fahrzeit rund 2 ¼ Std. für 210 km
– Keine Zugverbindung von Québec
– Mit Zug von Montréal mit der Metro, Linie Rot und Gelb bis Place Charles-Le Moyne, dort den Bus Nr. 51 oder besser Nr. 200 nach Saint-Hyacinthe, Fahrzeit gut 2 Std.
– Die Mitfahrzentralen „amigoexpress“ und „Covoiturage.ca“ bieten in der gesamten Provinz günstige Mitfahrgelegenheiten von Privatpersonen an. Reservierung über das Mobiltelefon.
Öffnungszeiten: Täglich 8.00 bis 17.00 Uhr von Juni bis September und an den Wochenenden bis Anfang Oktober, Flugschau von 11.00 bis 14.00 Uhr.
Eintritt: 23 CAD ab 13 Jahren und 17 CAD von 5 bis 12 Jahre
Ein junger Wanderfalke, der vor der Flugschau ein wenig übt!
Aktivitäten: Flugschau der Greifvögel, Besuch der Krankenstation mit Tieren in Rehabilitation, Besichtigung der Vogelvolieren, Foto-Session mit Greifvögeln auf der Hand des Pflegers, kleiner Wanderweg im Wald (2,5 km) mit Vogelskulpturen, Ausstellung zum Greifvogelvorkommen in Québec und der UQROP, Bücher- und Souvenirshop.
Bitte Pick-Nick selbst mitbringen, kein Verkaufsstand vor Ort!
Unterkünfte:
A Fleur D’Eau (kleines 3-Sterne Bed & Breakfast mit Blick auf den Fluss Yamaska)
6225, rue Frontenac, Saint-Hyacinthe (Québec) J2S 7A9
Telefon: +1-450-771-6869 oder über booking.com
Webseiten französisch/englisch: www.uqrop.qc.ca oder www.tourisme-monteregie.qc.ca
(Texte und Fotos: Marc Lautenbacher, Quebec-Canada)
