Deutsches aus der Montérégie: Wurst, Käse und … Maultaschen!

von Marc Lautenbacher, zertifizierter Stadtführer des Fremdenverkehrsamtes der Stadt Québec

von Marc Lautenbacher
Deutsches aus der Montérégie: Wurst, Käse und ... Maultaschen!

Eigentlich ist dies weder eine echte touristische Destination, noch ein herausragender Landschaftsteil oder gar ein historisch bedeutender Fleck. Trotzdem will ich hier gerne ein Highlight in der Montérégie den deutschen Landsleuten widmen, die ganz Kanada zu dem gemacht haben, was es heute ist. Genauer gesagt: 11 % der Gesamtbevölkerung Kanadas haben nachweislich deutsche Vorfahren.

Die Gegend der Montérégie war schon immer von Einwanderern aus Europa bevorzugt. Historisches dazu: das Eisenbahnunglück 1864 in der Nähe des heutigen Mont-Saint-Hilaire forderte 99 Tote und über 100 Verletzte, als eine Lokomotive mit 11 Wagons in den Rivière Richelieu stürzte. Der Zug war damals mit etwa 475 Reisenden besetzt, wovon zahlreiche Einwanderer nachweislich aus Deutschland und Polen kamen.

Interessant ist, dass heutzutage in der ganzen Region, die sich selbst als „Speisekammer Québecs“ bezeichnet, weitere Betriebe deutscher Einwanderer zu finden sind: die Charcuterie Stefan Frick in Lacolle, dann die mit Preisen überhäufte Fromagerie Fritz Kaiser im Nachbarort Noyan oder der deutschstämmige Jeffrey Finkelstein, der seit 2013 mit seiner Bäckerei Hof Kelsten in Montréal Schlagzeilen macht: „Hof Kelsten makes Montreal’s best bread“. 

Größtes Unternehmen mit deutschen Wurzeln ist sicher die Hagen Group., ein Produktions- und Vertriebsunternehmen für Heimtierbedarf mit Sitz in Baie-D’Urfé in Montréal, das 1955 von Rolf C. Hagen gegründet wurde. Montréal ist im übrigen Sitz der Deutschen Gesellschaft seit 1835, Redaktionssitz der einzigen deutschsprachigen Zeitung und eines der drei Goethe-Institute in Kanada. Nicht zu vergessen wäre, dass die Regierung des Freistaats Bayern ihre ständige Vertretung seit mehr als 25 Jahren in der Millionenmetropole unterhält. 

22 24 Charcuterie Stefan Frick Frau 1980

Stefan Frick mit seiner Frau im Jahr 1980

Einer dieser erfolgreichen, deutschen Einwanderer ist Stefan Frick, der mittlerweile vor fast 40 Jahren (!) einen Metzgereibetrieb in Québec gründete, den ich persönlich kenne. Er stammt wie ich aus Baden-Württemberg, genauer gesagt aus Karlsruhe. Kurz nach seiner Ankunft in Kanada im Jahr 1985 eröffnete Frick mit seiner Frau und drei Kindern die Charcuterie Stefan Frick in Lacolle, einem Städtchen nahe der Grenze zu den USA. Selbstverständlich kennt Frick alle Geheimnisse der traditionellen deutschen Küche und hat mit einer großen Produktpalette den hiesigen Markt erobern können. Drei Verkaufsstellen in der Montérégie kann er sein Eigen nennen: eine in Brossard, eine in La Prairie und eine in Lacolle. Heute wird der Familienbetrieb von Stefan Frick und seiner Frau Wally und Tochter Rebecca, zusammen mit den Söhnen Tobias und Oliver geführt.

Jedoch der allerneueste Coup ist der des ehemaligen Stuttgarters Jens Ruoff, den ich bereits vergangenes Jahr an seinem Verkaufsstand beim deutschen Weihnachtsmarkt in Québec-Stadt kennenlernen durfte. Jens hat sich in Montréal mit seiner kanadischen Lebensgefährtin erst vor wenigen Jahren niedergelassen. Sein erklärtes Ziel: echte, schwäbische Maultaschen in authentischer Qualität herzustellen und sie mit seiner Firma alimentsRuoff im ganzen Land bekannt zu machen! Und bei “Land” meint er damit ganz Kanada, versteht sich. Inzwischen ist Jens Ruoffs in der Provinz Québec bereits bei 17 Verkaufsstellen vertreten, wo man diese herrlichen Köstlichkeiten der deutschen Küche käuflich erwerben kann. Genaueres dazu findet man unter [https://www.aliments-ruoff.com/accueil].

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Historischer Nachbau: “Le Blockhaus“, einziges Gebäude seiner Art in Kanada (Foto: Marc Lautenbacher)

TIPP: In Lacolle steht ein wichtiges Zeugnis der kanadischen Geschichte, das hier sowohl auf Französisch als auch auf Englisch „Le Blockhaus“ getauft wurde. Es ist das einzige Gebäude seiner Art in ganz Kanada und einen historisch getreuen Nachbau kann man vor Ort besichtigen!

INFOS:
Charcuterie Stefan Frick – 69, rue de l’Église Nord, Lacolle (Québec) J0J 1J0, Telefon: 1-450-246-3076, [www.charcuteriefrick.com]. Weitere Verkaufsstellen in Brossard und La Prärie.
Echt schwäbische Maultaschen der Firma alimentsRuoff findet man unter [www.aliments-ruoff.com], momentan mit 17 Verkaufsstellen im Grossraum Montréal vertreten.

Anfahrt:
– Mit dem Auto von Québec-Stadt bis Montréal auf der Autoroute 20 oder 40 rund 3 Std. Fahrzeit bei einer Wegstrecke von 270 km. In Montréal die Beschilderung für Brossard und La Prärie beachten. Von Montréal nach Lacolle sind es rund 65 km auf der Autoroute 15 in Richtung USA.
– öffentliche Verkehrsmittel in Montréal sind ausreichend vorhanden, siehe STM (Société de transport de Montréal) unter www.stm.info
– Flugverbindungen täglich Québec/Montréal mit „Air Canada“
– Zugverbindungen täglich Québec/Montréal mit „ViaRail“
– Busverbindungen täglich Québec/Montréal mit „Orléans-Express“
– Die Mitfahrzentralen „amigoexpress“ und „Covoiturage.ca“ bieten in der gesamten Provinz günstige Mitfahrgelegenheiten von Privatpersonen an. Reservierung über das Mobiltelefon. 

Öffnungszeiten: ganzjährig

Eintritt: nichts, Besucher sind gerne willkommen!

Aktivitäten: Einkaufen und Schlemmen. In La Prärie das historische Viertel besichtigen (http://www.ville.laprairie.qc.ca), in Brossard Kinobesuch in einem von 20 Sälen des Cineplex Odeon Brossard oder Shoppen im Quartier Dix30, direkt auf Boulevard Taschereau.
Lacolle liegt direkt auf dem Themenweg „Le Circuit du Paysan“, einem Parcours über 200 km mit landwirtschaftlichen Produkten (www.lecircuitdupaysan.com).

Unterkünfte: große Bandbreite unter dem Menüpunkt „Hébergement“ auf www.tourisme-monteregie.qc.ca 

Webseite: www.tourisme-monteregie.qc.ca

(Texte und Fotos: Marc Lautenbacher, Quebec-Canada)

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