Das kanadische System des Trinkgeld-Gebens ist generell für Europäer unverständlich, weil dort das Bedienungsgeld bereits automatisch in den Rechnungen eingeschlossen wird. Europäische Besucher, und besonders Deutsche, sind daher in Sachen Trinkgeld in vielen kanadischen Restaurants als “stingy” (geizig) angesehen.
In Kanada sind als Regel die Trinkgelder nicht in den Rechnungen eingeschlossen. Das gilt nicht nur für Restaurants, sondern für absolut alle Dienste. Da Angestellte in vielen Restaurants meistens sehr niedrige Löhne bekommen, wird das Trinkgeld als notwendige Auffrischung ihrer Gehälter angesehen.
Es ist daher allgemein üblich in Kanada, bei Restaurant-Besuchen der Bedienung ein Trinkgeld (“tip” oder “gratuity”) zu geben.
Steuern wie GST (Goods and Services Tax = die kanadische Mehrwert- Steuer), PST (Provincial Tax) sowie Getränke-Steuern werden am Ende der Rechnung separat aufgeführt.
Bis vor zwei Jahren war es leicht, die 15% auszurechnen. Man zaehlte einfach die 8% Provinz-Steuer und die 7% Mehrwertsteuer (GST) zusammen. Seitdem ist jedoch die GST in Kanada auf 5% reduziert worden, und man muss schon ein wenig mehr “Gehirn-Akrobatik” anwenden, um den “Tip” auszurechnen.
Der uebliche Satz fuer dieses Trinkgeld ist 15%. Je nach Qualitaet der Bedienung (nicht jedoch der Qualitaet der Mahlzeit, fuer die die Bedienung nicht verantwortlich ist) kann man mehr oder weniger als “Tip” hinterlassen.
Falls die Qualitaet der Mahlzeit nicht zufriedenstellend ist, sollte man sich beim Management beschweren. Beschwerden bei den Kellnern nuetzen wenig, denn sie sind meistens aus “Jobangst” nicht willig, diese an die Koeche oder das Management weiter zu geben. Weitere Informationen über Trinkgeld im Ausland.
In “besseren” Restaurants bekommt der Kellner/die Kellnerin ebenfalls die gewoehnlichen 15%. Fuer diejenigen Kellner (Server), die in solchen Restaurants arbeiten, kan das oft bis zu $ 200 oder mehr pro Arbeitstag betragen. Allerdings werden sie meist mit Mindestlohn bezahlt, der fuer Restaurant-Bedienung niedriger als der normale Mindestlohn ist
(in Ontario $ 8.25 anstatt $ 9.50). Die Regierung anerkennt also die Tatsache, dass Restaurant-Bedienung teilweise recht gute “Tips” bekommt, und diese nicht immer in ihren Steuer-Erklaerungen korrekt auffuehrt.
Der “Headwaiter” oder “Maitre’d” bekommt $ 20.00 oder mehr, je nachdem, was der Zweck des Besuchs ist. Fuer “Coat Checking” ist $ 1.00 pro Mantel oder Jacke angemessen.
Wer mit einer Kredit-Karte bezahlt, kann die “Gratuity” (woertlich: Danksagung) auf der Rechnung entrichten. Wer bar bezahlt, sollte den entsprechenden “Tip” auch als Bargeld auf dem Tisch hinterlassen.
Wer nur einen Drink (oder mehrere) an der Bar einnimmt, sollte etwa 10% Tip fuer den Bartender hinterlassen.
Apropos “Trinken”: Das legale “Trinkalter” (Drinking Age) in Kanada variiert von Provinz zu Provinz. In AB, MB und QC ist es 18 Jahre, in allen anderen Provinzen und Territorien 19 Jahre. Ein Gast mit Minimum-Alter 18 bzw. 19 Jahre darf zwar auch Bars, Night Clubs, Discos usw. besuchen, muss sich jedoch meistens ausweisen (Proof of Age Card oder aehnlicher Beweis). Wenn ihm trotz minderem Alter Alkohol serviert wird, kann das dazu fuehren, dass das Etablissement polizeilich geschlossen wird.
Das legale “Rauchalter” (Smoking Age) ist 18 in AB, MB, NWT, NU, QC, SK unnd YT, 19 in allen anderen Provinzen. Zigaretten und andere Tabak-Produkte duerfen nicht an Jugendliche unter diesem Alter verkauft werden. Waehlen darf jeder Kanadier ab 18 Jahren, Autofahren ab 16 (nur in Begleitung aelterer Fahrer, bis zum 18. Lebensjahr).
Kanada ist das erste Land, in dem das Rauchen in allen oeffentlichen Gebaeuden, Fahrzeugen (Busse, Taxis, Eisenbahnwagen, Flugzeuge usw.) fast universell verboten wurde und strafbar ist. Allerdings wurden diese Gesetze von Provinz zu Provinz anders behandelt und zu verschiedenen Zeiten aktiviert.
Apropos “strafbar”: Ab dem 7. November 2009 ist der Gebrauch von Cellphones (Handys) in Autos in Ontario ebenfalls verboten. Erlaubt sind nur “hands free” Telefon-Systeme wie “Bluetooth” und einige andere, die nur durch das Autotradio-System funktionieren. GPS-Orientierungs-Systeme sind ebenfalls nur erlaubt, wenn sie “Stimmen-aktiviert” sind, also nicht mit handgehaltenen Geraeten.
In “Fast Food Restaurants”, wo man sein Essen am Tresen bestellt und abholt, sind keine “Tips” erforderlich. Wo immer man jedoch am Tisch bedient wird, faellt der Begriff “Fast Food” weg und man gibt einen “Tip” nach den angemessenen Regeln.
“Fast Food” wird von Europaern oft total missverstanden. Ketten in Kanada wie Swiss Chalet, Montana’s, The Keg usw. sind keine “Fast Food Restaurants” sondern “Full Service Resturants” mit Kellnern, Wasserbringern, Abraeumern usw., auch wenn sie Hamburger und aehnliche Gerichte servieren.
Apropos “Wasserbringer”, in den meisten Restaurants in Kanada steht ein Glas auf dem Tisch, welches waehrend der Mahlzeit immer wieder kostenfrei aufgefuellt wird – eine nordamerikanische Tradition. Wasserbringer und Abraeumer bekommen keine Trinkgelder.
Ebenso ist es eine nordamerikanische Tradition, vor jeder Mahlzeit einen Korb mit Broetchen oder Brotscheiben zu servieren, oft auch noch einen kleinen Happen wie Salzgurken (letztere zweifellos um den Durst und damit die Bestellung von drinks zu foerdern!).
Auch Dienstleistungen auf anderen Gebieten werden mit “Trinkgeldern” (Tips) belohnt. Das schliesst Taxifahrer, Barbiere, Koffertraeger und andere Dienstleister ein.
Bei Selbstbedienung – wie z.B. an einer Tankstelle – ist es natuerlich nicht notwendig, einen “Tip” zu hinterlassen!
Ein Barbier oder “Hair Stylist” bekommt gewoehnlich 15% der Kosten fuer einen Haarschnitt, Haarfaerben oder andere Behandlung.
Fuer Taxifahrten sollte man gewoehnlich den Preis um einige Dollars (etwa 15%) aufrunden, denn der Fahrer bekommt relativ wenig fuer seine Dienste; das meiste geht an die Taxi-Firma. Fuer Hilfe mit Koffern $ 1.00 pro Koffer, oder $ 2.00 fuer sehr schwere Koffer.
Am Flughafen bekommt der Gepaecktraeger (heute mit Wagen ausgeruestet) $ 1.00 pro Gepaeckstueck, bei laengeren Anlieferungen etwas mehr.
Wer einen Rollstuhl benoetigt, um zum Flugzeug gefahren zu werden, sollte dem Helfer $ 2.00 bis $ 3.00 als “Tip” geben. Dasselbe fuer eine Fahrt mit einem Elektro-Wagen.
Die Angestellten von Fluglinien bekommen keine Trinkgelder. Viele Fluglinien verbieten ihnen sogar, “tips” anzunehmen.
Fuer “Tour Guides” (Fremdenfuehrer auf Touren und in Bussen) sind 15% der Tour-Kosten bei laengeren Touren usus (mehrere Tage), sonst etwa $ 2.00 pro Ausfahrt (mit 35 Personen im Bus sollten das immerhin $ 70.00 sein, aber leider geben die meisten Busgaeste keine Tips!).
Auf Kreuzfahrten berechnen die Schiffslinien heutzutage bereits am Anfang einer Reise einen Tagessatz von etwa $ 70.00 pro Person. Die Notwendigkeit separater Tips fuer individuelle Dienstleistungen sollte damit eigentlich wegfallen. Leider ist es jedoch so, dass die Aufteilung dieser $ 70.00 pro Tag den Zimmermaedchen z.B. nur wenige Dollars gibt, waehrend der Maitre’d und die Kellner in den Restaurants weit mehr davon bekommen. Wir geben den “Cabin Stewards” daher meistens $ 2.00 pro Tag oder mehr in Bargeld, welches auf dem Bett oder Tisch hinterlassen wird. Sie muessen oft mindestens 20 Kabinen oder mehr bedienen und verdienen nicht mehr als $ 150 pro Monat. Daher stammen fast 100% der Raumpfleger auf einem Kreuzschiff aus Bewohnern von bis zu 30 Niedriglohn-Laendern, in denen $ 150 als ein relativ hoher Monats-Verdienst angesehen wird. Wir belohnen sie fast immer mit $ 20 bis $ 25 pro Kreuzfahrt.
Peter Iden
Auch interessant:
7 Kommentare
Ohne grosse Kenntnisse des Taxi-Geschaefts wuerde ich den Verdienst eines Fahrers zwischen $ 20,000 und $ 40,000 im Jahr schaetzen. Taxis in Toronto und Umgegend (wahrscheinlich auch in Vancouver) werden fast 100% von neuen Immigranten gefahren (Indern, Moslems, Somalis usw.). Fahrer sind meistens von grossen Taxi-Firmen angestellt und verdienen Minimum-Gehaelter, was ihren Job selbst mit Tips nicht gerade lukrativ macht. Wenn ein Fahrer sein eigenes Auto hat oder kauft (bis zu $ 60,000 und mehr wenn voll als Taxi ausgeruestet), ist er schon etwas besser dran, aber die $ 70,000 pro Jahr, die ich irgendwo gelesen habe, erscheint mir ertraeumt, denn Lizenzen , Unterhalt, Versicherung usw. kosten allerhand Geld. Aber wie gesagt, ich bin da ziemlich ueberfragt. Am besten waere es, bei einem Besuch so viele Taxifahrer wie moeglich zu befragen. Das setzt natuerlich voraus, dass man viel Taxifahrten macht. Wir benutzen sie nur, um zum Flugplatz hin und zurueck zu kommen. P.I.
Hallo, wieviel verdient ein Taxifahrer im schnitt in Kanada ca?
In der Tat verwirrende Sitten. Für einen Europär, dessen Mentalität sich schon deutlich unterscheidet von einem Amerikaner, ist es schon sehr sonderbar. Da muß es zwangsweise zu solchen Problemen kommen.
Ähnliche Berichte und Erlebnisse weiß ich von meinem Bruder zu berichten der Amerika schon öfter als Monteur bereist und besucht hat.
Hallo Peter
ich war schon mal für ein halbes Jahr in kitchener/Ontario und es war super.
Nächstes Jahr würde ich gern noch mal für eine Weile rüber,am liebsten,wo man natürlich leicht Arbeit bekommt(speziell kellnern) und wo man viele,viele Leute kennenlernt.Da du anscheinend viel Ahnung hast,wollte ich dich mal fragen,ob du einen Tip hast.Ist es schlauer in größere Städten zu fragen oder eher doch Touristengebiete?
Wär supernett von dir,mir zurückzuschreiben :-)
Gruß
Copa
Hallo Peter,
im nächsten Jahr haben wir kein schlechtes Gewissen mehr beim Verlassen eines Hotelzimmers in Kanada.
Noch viele schöne Tage auf Hawaii, herzliche Grüße aus der Rattenfängerstadt.
Günter Frillmann
Hallo, Guenter:
Trinkgelder fuer die Zimmer-Bedienung sind generell eine persoenliche Sache. Wiederum jedoch laeuft es nach dem Prinzip, dass diese Leute sehr wenig Bezahlung bekommen. Wir legen generell $ 2 jeden Morgen auf den Tisch. Zu diesem Zeitpunkt kann man auch einen kleinen Zettel hinlegen mit Vermerken wie “bitte keinen koffein-freien Kaffee”oder “die Toilettentuer quietscht”, um solche Sachen zu beheben.
Peter Iden,
augenblicklich im Sheraton Maui Resort Hotel, Maui, Hawaii.
Danke Peter Iden,
hoffentlich lesen viele an einem Besuch in Kanada Interessierte Deine wunderbaren Artikel. Meine Frau und ich verbringen seit 15 Jahren unseren Urlaub in Kanada und es hat einige Zeit gedauert bis wir das mit dem Tip kapiert haben. Nun ist es sebstverständlich geworden, und auch hier in D geben wir immer Trinkgeld wenn wir sehen, dass die Bedienung sich Mühe gibt.
Um eine Auskunft bitte ich noch: wie ist das mit dem Tip für das Zimmerpersonal (Reinigung, Betten machen, beziehen)
Viele Grüße aus der Rattenfängerstadt Hameln